Wie eine Krankheit auf den Weg kommt

Die Welt, das bin ich

Unsere Welt ist das, was wir von der Welt glauben. Die Welt überhaupt ist lediglich das, was der einzelne Mensch glaubt, was sie sei.

„Die Welt“ hat keine ihr innewohnenden Eigenschaften auf die man zugehen könnte, die man befragen könnte. „Die Welt“ ist auch nicht „böse“ oder „gut“ oder sonst wie etwas, an das ich mich anlehnen könnte. „Die Welt“ ist wie eine Farbe: Sie entsteht beim Betrachten und durch den Betrachter, der sie anschaut. Ohne den Betrachter ist sie nicht existent.

Ich erschaffe mir meine Welt durch meine Gedanken, durch das Abschicken meiner Gedankenstrahlen, durch meine Vorstellung, die sagt und vorgibt wie die Welt sein soll. Und so ist sie dann auch; mein Segment der Weltsicht wird meine Wirklichkeit. Und wenn diese Vorstellung irreal ist – dann habe ich ein großes Problem. Das Problem wird zur Katastrophe, wenn meine Wirklichkeitswahrnehmung von der Bandbreite der tatsächlichen Möglichkeiten grob abweicht – dann wird „die Welt“ zur Wand, an der ich mir beim Versuch sie einzurennen einen blutigen Kopf hole. Und das immer und immer wieder.

Die Welt, das bin ich im Wechselspiel mit dem, was ich mir vorstelle. Der Gedanke und das Wollen, welches zum Handeln reift, schafft die Realität. Der Gedanke ist der Keim, die Triebfeder, die alles in Gang bringt. Der Gedanke ist der Erschaffer meiner Welt. Ist er irreal, ist die Welt verrückt, ist er im Einklang mit dem Universum, ist die Welt herrlich. So einfach ist das. Gedanken bestimmen die Gesundheit des Menschen. Der Spielraum, den uns das Ganze lässt, ist unsere Gedankenwelt, ist die Motivation der Gedankenwelt. Dieser Spielraum erschafft unser Sein. Unser Sein ist dieser Spielraum.

Aber warum fühlen wir uns mehrheitlich so verloren, so abgeschnitten von unseren Wurzeln, so einsam und krank? Die Antwort ist einfach: Wir füllen den uns gegebenen Bewusstseins-Spielraum mit ungesunden Glaubensvorstellungen. Mein inneres Selbst, mein tatsächliches Selbst, meine originäre Erlebenswelt ordnet sich unter, lässt sich von krankmachenden Denk- und Handlungssystemen einschüchtern und klein machen. Diese versuchen jenes universale, allen Kulturen zugrunde liegende Wissen zu vernichten, das ich mit auf diesen Planeten gebracht habe. Es ist mein tiefes Wissen, dass ich selbst meine Welt erschaffe, um mit ihr und mit allem was ist in Harmonie und in Frieden zu leben.

Sehe ich mich als Mittelpunkt des Geschehens und somit als höherwertig als alle anderen Wesen, dann ist dies bereits ein Krankheitskeim.
 

Eine neue Definition von Krankheit

Ungesunde Glaubensvorstellungen schaffen Energiearmut. Alles was schwächt, verringert die psychische und dann die körperliche Energie. Der Gedanke, dass mein Leben nichts wert sei, ist genauso krankheitsfördernd wie das schöne Stück Lachs aus norwegischer Fisch-Quälzucht. Beiden ist innewohnend, dass sie mich schwächen.

Alle körperlichen Organe und alle sonstigen Körpersysteme werden über die Chakren und das Meridiansystem mit Lebensenergie ausreichend versorgt. Diese Steuerung ist optimal angelegt. Wenn nun Energie fehlt oder falsch gesteuert wird, (wenn sich ein Körpersystem entzündet, überhitzt – oder wenn ihm Energie entzogen wird), dann kommt die Krankheit in die Zellen, dann wird der Körper krank. So einfach ist das.

Meist sind wir hier in den sogenannten hochzivilisierten Ländern krank aus Mangel an Energie. Schulabgänger schleppen sich schon müde und schlapp durch die Straßenschluchten ihrer Stadt, können vor Müdigkeit nicht aufstehen, verpassen jeden Termin und sind tatsächlich bereits in jungen Jahren nicht arbeitsfähig. Nach wenigen Lebensjahren schon haben diese Menschen ihren Bezug zu sich, zu der Welt, zum Dasein überhaupt verloren und oft kann sich ihre Wut und ihr Hass auf diese Welt nur mit krimineller Energie und antisozialem Verhalten kanalisieren.

Aber auch die vielen Menschen, die sich tagtäglich für sich und ihre Familie abmühen, die aktiv und oft mit letzter Kraft versuchen das Leben zu meistern, sind von diesen Phänomen der Energielosigkeit betroffen: Ihr Körper wird krank, oft gänzlich unspezifisch. Bei vielen revoltiert das vegetative Nervensystem und „dreht“ beispielsweise nachts auf, wenn es ruhen sollte und schaltet tagsüber ab, wenn es aktiv sein sollte. Körperzellen werden nicht mehr von der Zellgemeinschaft informiert, sterben ab oder schließen sich zu einem eigenen, autonomen, selbststeuernden Verband zusammen: Der Tumor, der Krebs kommt auf den Weg.

Eine starke Körperenergie hält allen jenen Angriffen stand, die von kleinen und kleinsten Lebewesen kommen. Diese können zwar mal vorbeischauen, aber keinen Fuß fassen, weil ihnen die starke, mächtige Körperenergie keine Zeit lässt, um es sich gut gehen zu lassen. Und wagt es ein Bakterium oder ein Virus doch einmal sich festzusetzen, dann werden im selben Moment die körpereigenen Fresszellen in Marsch gesetzt: Ruckzuck ist der Eindringling verspeist. Und vermehren kann er sich schon gar nicht. So einfach ist das, wenn die Körperenergie stimmt.

Wir hier im Westen leben in einer langen, langen Periode des Friedens. Wir haben es warm, Kleidung und Nahrung in nie gekanntem Überfluss, unsere Kinder gehen in Schulen, die Rechtssicherheit ist gewährleistet wie nie zuvor, der Staat kümmert und sorgt sich um all das, was wir selbst nicht können, Strom kommt aus der Steckdose, das Auto steht vor der Tür, frische Tomaten gibt es im November, Weihnachten eine Gans von fünf Kilogramm, Spargel im Januar, Erdbeeren im Februar und frisch gepflückte Äpfel im März.

Noch nie seit es Menschen gibt haben Menschen in solch einem Schlaraffenland gelebt, in welchem wir heute leben. Noch nie seit es Menschen gibt waren Menschen so massenhaft krank wie heute, von Epidemien abgesehen. Etwas Seltsames geschieht: Die Zunahme von dem was wir „Sicherheit“ nennen und die Zunahme von Konsumverhalten bedingen eine Zunahme von (in der Regel unspezifischen oder degenerativen, chronischen) Krankheiten.

Kontinuierlich steigt zum Beispiel, (um eines der dramatischsten Beispiele zu nennen), die Krebsrate: Je mehr für die Krebsforschung ausgegeben wird, desto mehr Menschen sterben an Krebs. Je mehr Menschen sich jährlich gegen Grippe impfen lassen, desto mehr Menschen erkranken an tatsächlich gefährlichen Grippekrankheiten.

Da die Medizin die wirklichen Ursachen von Krankheiten in der Regel nicht kennt, müssen wir uns auf die Suche machen um diese Ursachen selbst zu finden. Und dann müssen wir handeln. Und dann werden wir gesund. So einfach ist das!
 

Krankmachende Glaubensvorstellungen: Jenseitsreligionen – der Vatergott im Himmel

Die monotheistischen Religionen des Islams, des Juden- und Christentums haben einen personifizierten Gott, den Erschaffer der Welt. Das Heil dieser Religionen liegt im Jenseits. „Heil“ haben oder „Heil“ sein heißt „geheilt“ sein, also gesund sein. Gesund werde ich mit diesen Religionen also erst im Jenseits, das heißt nach meinem Tod. Dies ist lebensfeindlich, absurd.

Über das Judentum und den Islam kann ich nichts sagen als das, was ich darüber gelesen habe. Das heißt, über diese Religionen weiß ich nichts. Über das Christentum, die Religion unseres Kulturkreises weiß ich einiges, weil ich es selbst erfahren habe. Man weiß nur was man erfahren hat. Man kann nur reden über das, was man erfahren hat. Man kann nur schreiben über das, was man erfahren hat. Alles andere ist kein Wissen. Nachsagen ist kein Wissen. Ein Lexikon auswendig kennen und jeden Begriff daraus im richtigen Moment abrufen und einbringen können ist kein Wissen. Es ist sicherlich eine große Leistung – aber kein Wissen.

Über eine Religion kann man nichts wissen, wenn man sie nicht erfahren hat. Religion wird in unserem Kulturkreis gleichgesetzt mit Christentum, wobei es noch eine Unterscheidung gibt: Katholische Religion oder protestantische Religion. Dass die beiden letzteren keine Religionen, sondern Untergliederungen, Konfessionen sind, spielt im allgemeinen Bewusstsein keine Rolle: Religion = Christentum, das ist Fakt.

Die Botschaft des Christentums, das sind Regeln für ein „gutes“ Leben, gut in dem Sinne, dass dieses Leben Gott gefällt. Was ein gottgefälliges Leben sei, das interpretieren die Priester; ein Wissen aus zweiter Hand. Die Regeln des Christentums, an uns Menschen gerichtet, nennen sich zusammengefasst „Moral“. Moralisch handeln heißt in diesem Sinne christlich handeln, christlich handeln heißt moralisch handeln. Es gibt kein Gott außer dem christlichen Gott und es gibt keine Moral außerhalb der christlichen Moral. Das ist Fakt im Abendland.

Weil dies so ist, erhält die christliche Kirche, der Repräsentant der christlichen Religion, große Unterstützung von allen demokratisch gewählten Regierungen in den sogenannten freien Ländern. Diesen liegt das moralische Verhalten des jeweiligen Volkes sehr am Herzen. Ohne die christlichen Kirchen brächen die ganzen helfenden Systeme in den westlichen Ländern zusammen, angefangen von den Kindergärten bis hin zu den Intensivstationen. Die moralischen Ziele eines demokratischen Staates decken sich mit den moralischen Zielen der christlichen Kirche zum Wohle des Volkes. Die Märchenstunde könnte man weiterführen.

Wenn wir einen Menschen, eine Idee, eine Gemeinschaft, eine Religion bewerten sollen, dann gibt es ein einziges, gänzlich einfaches Beurteilungskriterium – die Motivation.

Wir brauchen weder Diskussionen noch große Reden noch heilige Schriften. Wir brauchen keine Erklärungen, keine Erläuterungen, keine Anweisungen. Wir legen dies alles beiseite und gehen auf Spurensuche, dorthin, wo sich die Motivationen für die Handlungen eines Gläubigen oder die seines Glaubenssystems befinden. Und diese Motivationen schauen wir uns lange und ruhig an. Und dann wissen wir, was von den Diskussionen, den Reden, den Schriftsätzen, den Erklärungen, den Erläuterungen, den Predigten und den Anweisungen zu halten ist.

Ein Problem tut sich dabei noch auf, das manchmal nur mühevoll zu lösen ist: die Sprache bzw. die Bedeutungsinhalte von Begriffen. Da zum Beispiel alle Begriffe, die ethisches Verhalten beschreiben, christlich besetzte Begriffe sind, tun wir uns sehr schwer, einen moralischen Sachverhalt nichtchristlich zu beschreiben. „Ethik“ ist ein richtungsweisender Begriff, der über die Sprachinhalts-Alleinherrschaft christlich geprägter Begriffe hinausweist. Beschreibt man aber ethisches Verhalten, dann tut man dies unweigerlich wieder mit christlichen Begriffen, eben weil uns in unserer Kultur kaum andere zur Verfügung stehen.

Wer sich mit ethischen Begriffsbildern oder Lebensinhalten beschäftigt, der muss die christlich geprägten Inhalte übersetzen oder mit neuem Inhalt füllen (der oft ein uralter ist). Oder anders ausgedrückt: Er muss den christlichen Film, der sich über die Inhalte gelegt hat entfernen, um den Ursprung, den Ur-Inhalt zu sehen. Eine Tat, eine Handlung ist das sichtbare Ende einer ganzen Kettenreaktion: Tief im Innern und am Anfang ist die Motivation. Sie schafft sich eine erste Struktur – den Gedanken. Dieser Gedanke ist wie ein kleines Kraftwerk, das um sich greift, stark und stärker wird und dann eine erste sichtbare Tür aufstößt – die Rede.

Ab dieser Tür werden Menschen zu großartigen Künstlern, zu Verpackungskünstlern. Die wahre Absicht wird umsponnen, eingepackt, mit Schleifchen versehen, gut versteckt und bestens gehütet! Keiner soll und darf wissen und merken, dass die Absicht vielleicht genau das Gegenteil dessen ist, was in der Rede verkündet wird.

Wir kennen dieses Phänomen vom tagtäglichen Leben: Aus der Partnerschaft, aus dem Beruf, wo man vielleicht mit den zuckersüßesten Worten weggemobbt werden soll oder aus geschäftlichen Verhandlungen, wo geheuchelte Hilfestellung die Grundlage zum Ruin des Partners werden kann. Nach der Rede wird diese Tür der Tat aufgestoßen und es wird gehandelt. In aller Regel fallen hier die Masken und da zeigt dann der Wolf als Sieger lächelnd den Kreidetopf, den er während seiner vielen Reden gefressen hat.

Das Handeln eines Menschen betrachten, heißt alle seine Reden vergessen.

Menschen der Gier und der Aggression, gekoppelt mit dem Anhäufen von Geld und Macht, sind an ihrem Handeln unzweideutig zu erkennen, gleichgültig was sie reden. Schwieriger ist es mit jenen, deren Handeln moralisch hochstehend „über allem erhaben“ erscheint. Die „guten“ Menschen, die Heilsbringer, Missionare, die Gottgefälligen und die Menschenliebenden. Hier ist der scharfe Blick nach der Motivation unumgänglich. Ist vielleicht die äußere Demut ein Zeichen von innerer Erhöhung, von Hochmut, gar von Verachtung für den anderen Menschen?

Wenn wir die christliche Religion bewerten sollen, müssen wir ihre Motivation beurteilen. Welches System baut sie auf, zu wessen Nutzen und zu welchem Zweck. Alles das, was die Vertreter dieser Religion sagen oder schreiben können wir dabei getrost vergessen.

Dabei gilt die Tatsache: Jedwede Religion, die den Menschen als grundsätzlich schlecht ansieht, die ihn als prinzipiell unwertig ansieht oder die Unwertigkeitsgefühle in ihm erzeugt, um ihn dann von diesem Übel zu erlösen, ist eine krankmachende Religion. Sollten wir einer solchen angehören, müssen wir uns verabschieden.

Ein schwerer Schritt, der Panik auslösen kann – schon der Gedanke daran kann Entsetzen hervorrufen, ist doch diese Religion vielleicht der einzige sichere Platz auf dieser Erde, den ich zu haben meine. Die Menschen dort, die ich lieb gewann, die Sicherheit, die eine solche Gruppe gibt, das Gefühl der Freude mit diesen Menschen zusammenzusein – das alles soll aufgegeben werden? Es ist ein schwerer Weg. Ja.

Man muss die Konsequenzen nicht von heute auf morgen ziehen, aber man muss sich auf den Weg begeben. Dies ist Voraussetzung. Man muss nicht weit kommen, anfangs, aber man muss auf dem Weg sein. Erst wer auf dem Weg ist, wer die ersten Schritte gemacht hat, dem dämmert etwas davon, was da noch kommen könnte: die Freiheit.

Der christliche Gott ist tot, nicht erst seit Nietzsche dies verkündet hat. Er war es schon, als die Römer erkannten, wie gut dieser als Repräsentant der neuen Staatsreligion einzusetzen ist. Niemand muss Atheist werden, wenn er sich aus dem Bannkreis jenes freiheitsvernichtenden Menschenwerks, das sich Kirche nennt, entfernt. „Gott ist dir näher als deine Halsschlagader“, predigte der Prophet Mohammed; Gott ist da, ist um uns und in uns und jeder von uns ist ein wunderbarer, nicht geknechteter Teil von ihm. Es ist niemals jener zerstörerische Kirchengott, in dessen Namen mit Feuer und Schwert ganze Kulturen vernichtet und Frauen und Kinder abgeschlachtet wurden.

Gott für die Blutspur, die in diesem Namen gezogen wurde, zu bemühen, ist Blasphemie, Gotteslästerung.

Der christliche Kirchengott ist auch einer der inneren Zerstörung, in dem er dem Menschen seine tiefe Kraft, seine Energie nimmt, in dem er seine ureigenste Würde zerstört, in dem er die Sünde erfindet und Körper und Sexualität als schlecht definiert. Wer die Motivation des Christentums als Macht- und Angstreligion durchschaut, der spürt die eisige Kälte hinter der christlichen Fröhlichkeit. Um gesund zu werden muss das Christentum in seiner praktizierten Form
überwunden werden.

Aber – nicht nur ein bisschen überwunden, zum Beispiel dort, wo ich meine, dass das System verbessert werden müsste – sondern total. Einsicht ist nicht teilbar, Erkennen ist nicht teilbar. Es gibt Entscheidungen im Leben, die heißen ja oder nein. Ein bisschen hiervon und ein bisschen davon gibt es nicht auf diesem Weg. Natürlich muss man das Erkannte nicht alles und sofort und heute umsetzen; gemach! Auch das Erkannte entwickelt sich, wie der Weg, den wir jetzt vielleicht betreten haben.

Da ich persönlich davon weiß, wie schwer der Weg zu dieser Erkenntnis ist, möchte ich jedem aufrechten Christen mit Angelus Silesius zurufen: „Halt an, wo läufst Du hin, der Himmel ist in Dir!

Hätte sich der 1260 geborene Dominikanermönch Eckhart mit der großartigen Karriere in der katholischen Kirche durchgesetzt und wäre seine Lehre, als „christliche Mystik“ bekannt, heute gelebte christliche Religion, könnten wir uns froh und frei zu dieser Religion bekennen. Aber Meister Eckehart hat etwas gewagt, was nicht funktionieren konnte: Er hat Gott seiner Angstrolle entkleidet, er sprach vom „göttlichen Keim“ im Menschen und von der Seele im Menschen, ein kleiner Funke, der „Gott“ ist. Eckerhart lehnt einen äußerlichen Gott ab, der irgendwo seinen Sitz hat und sagt, dass Gott in uns sein, dass also wir ein Teil Gottes seien und dass das, was wir in Verantwortung vor Gott tun, eine sittliche Tat sei, die von innen, nicht von außen kommt. Eckerhart hat in seiner Lehre der Kirche die Macht über den Menschen entzogen und den Menschen somit von Angst, Schuld und Sünde befreit.

Wenn Gott in uns ist, braucht es keine äußere Gottesvorstellung, keinen Vater, keinen Sohn, keinen heiligen Geist und keine Sündenlehre. Es braucht auch keinen Papst und keine Priester als Mittler zu Gott und keine Erlösung. Wovon soll der Mensch erlöst werden, wenn Gott in ihm ist und er selbst, aus eigener Kraft, gut, richtig, eben sittlich handeln kann?

In 28 Sätzen legte Eckerhart seine christliche Religion der Befreiung von Angst, Schuld und Sünde nieder, die dann in der Bulle „En akro domenico“ des Papstes Johannes XXII. vom 27.03.1329 verdammt wurden.

Lassen wir Eckehart sprechen:
Satz 13: „Alles, was der göttlichen Natur eigen ist, das ist auch ganz dem gerechten und göttlichen Menschen eigen; darum wirkt solch ein Mensch auch alles, was Gott wirkt: Er hat zusammen mit Gott Himmel und Erde geschaffen, er ist Zeuge des ewigen Wortes, und Gott wüsste ohne einen solchen Menschen nichts zu tun.

Der Mensch ist also ein Partner Gottes, er ist von innen her gerecht und göttlich!

15. Satz: “Wenn ein Mensch 1000 Todsünden begangen hätte, und es wäre ein solcher Mensch in rechter Verfassung, so dürfte er nicht wünschen, er hätte sie nicht begangen.“

Was gewesen ist, ist gewesen. Das, was ich in der Vergangenheit tat war zur Tatzeit für mich richtig – sonst hätte ich es nicht getan. In diesem Sinne gibt es keine Schuld. Es gibt Einsicht in ehemals falsches Handeln, aber keinen Schuldigen, der einen gnädigen Gott bräuchte.

21. Satz: „Der edle Mensch ist jener eingeborene Sohn Gottes, den der Vater von Ewigkeit her gezeugt hat.

Seit Ewigkeiten ist jeder bewusst lebende Mensch ein Sohn Gottes.

24. Satz: „Jede Unterschiedenheit ist Gott fremd, sowohl in bezug auf seine Natur wie in bezug auf die Personen. Beweis: Seine Natur selbst ist Eine und eben dieses Eine, und jede Person ist Eine und eben diese selbe Eine, was die Natur ist.

Dieser Satz deckt sich in wunderbarer Weise mit den Erkenntnissen der Quantenphysik, dass alles was ist EINS ist, dass es keine getrennten Teile gibt.

26. Satz: „Alle Kreaturen sind ein reines Nichts: Ich sage nicht das sie etwas unbedeutendes oder überhaupt etwas sind, sondern das sie reines Nichts sind.

Da es keine wie auch immer geartete Substanz gibt, so lehrt die Physik, gibt es auch keine Manifestation namens „Ich“. Für uns Kopfmenschen ist dies ungeheuer schwer zu begreifen. Man muss sich schon sehr in die Konsequenzen der quantenphysikalischen Erkenntnisse oder in die buddhistische Lehre vom Nicht-Ich vertiefen können, um dies zu begreifen.

28. Satz: „Gott ist weder gut noch besser noch vollkommen; wenn ich Gott gut nenne, das ist ebenso verkehrt ausgedrückt, als wenn ich das schwarz weiß nennen würde.“

Gott ist keine Instanz des Guten, kein moralisch handelnder Herr, der mich beurteilt und mein Verhalten benotet. Das Universum mit seinen Gesetzen ist symmetrischm angelegt. Was ich als Mensch aussende, bekomme ich „gnadenlos“ zurück. Unterwürfigkeit verschafft mir keinen Vorteil – im Gegenteil! Gott hat keine moralische Qualität, an der ich partizipieren könnte.

Jenseitsreligionen machen unfrei, ängstigen, schaffen Vorstellungen von Wertlosigkeit und Schuld. Wer solchermaßen von Grund auf schuldig ist, hat Angst vor der Freiheit, hat kein starkes Ich, er braucht eine Herde die ihm Sicherheit gibt und einen Hirten, der ihm sagt, was er zu tun und zu lassen hat. Diese Sicherheit, welche die Herde zu geben scheint, ist aus der Angst geboren und ist nur eine scheinbare. Solche Art christlicher Luft ist verpestete Luft: Bei jedem Einatmen werden neue Krankheitserreger eingesogen, welche Seele und Körper schwächen.

Und das christliche Gemeinschaftsgefühl? Es ist eine momentane Entlastung der inneren Unsicherheit durch menschliche Nähe, eine Illusion von Glück, die immer nur kurz währt. Christlicher Wärme fehlt das Mitgefühl, das Empfinden des Leides des anderen. Wie sollte man es nachempfinden können, leidet man doch selbst zum Teil unsäglich und wird dadurch hart, hochmütig und ist jeder echten Empfindung unfähig.

Überwinden wir das Christentum, jene Ansammlung ungesunder und krankmachender Glaubensvorstellungen, dann kehrt jene Energie in unsere Seele, in unseren Körper zurück, die man uns durch unseligen Vorstellungen geraubt hat. Mit dem freien Atmen kommt die freie Seele und mit ihr sind wir auf dem Weg fort vom geknechteten Leben, auf dem Weg zur seelischen Gesundung. Dies ist die Voraussetzung ist für die Gesundung des Geistes, welche dann die Gesundung des Körpers als gesetzmäßige Folge nach sich zieht. So einfach ist das – und so schwer für denjenigen, der in diesen Energien verhaftet ist.
 

Krankmachende Glaubensvorstellungen: Diesseitsreligion – die Religion der Gier.

Das, was wir „Geschichte“ nennen, begann eines Tages mit einer genial-absurden Idee. Ein Mann (es war sicherlich ein Mann, wer käme sonst auf solch einen merkwürdigen Gedanken), ein Mann also nahm vier Holzpflöcke, rammte sie weit auseinanderliegend in die Erde, stellte sich auf die entstandene Fläche und rief immer, wenn sich ein anderer Mensch näherte: „Mein, mein, mein!“

Das wäre an sich noch nichts Aufregendes gewesen, hat doch jeder das Recht, Unsinnigkeiten in die Welt zu rufen. Die Tragik begann, als die Menschen glaubten, dieses Stück Land sei tatsächlich sein! Als jener erste Schritt des neugebackenen Landbesitzers klappte, rammte er noch mehr Pfähle in den Boden und verteilte darauf seine Familie. Oder er bebaute sein Grundstück und zu allen Menschen sagte er: „Das ist auch mein!“: Die Hütte, das Gatter, das Haus, der Stall, die Mauer um das Grundstück herum, „alles ist mein“. Bald gab es Schreibkundige die dies bestätigten, die diesem Land einen Namen und eine Nummer gaben und diese Nummer in dicke Bücher eintrugen.

Ein solches Verhalten ist eine ureigene menschliche Eigenschaft. Es ist ein menschlicher Grundzug, etwas besitzen zu wollen. Besitz schafft Vertrauen in sich selbst, schafft Sicherheit und ein Gefühl des Glücks, eben nicht so nackt dazustehen wie eine Maus. Etwas haben wollen, ihm einen Namen geben und es lieben können, das sind ureigenste menschliche Wesenszüge, denen nichts Negatives anhaftet. So viel haben wie man braucht, um gesund leben zu können, dies kann auch relativ viel sein, was sollte dagegen zu sagen sein?

Wenn jedoch das „Haben-Wollen“ zur Religion des Diesseits wird, zur Gier des Mehr und immer Mehr, dann ist qualitativ etwas Entscheidendes geschehen: Der Mensch, der sich vom Göttlichen getrennt fühlt, dessen Leben leer und sinnlos erscheint, der um sein kurzes Dasein hier weiß und der nichts so sehr fürchtet wie den Tod, scheint für sich eine Lösung aus diesem Lebensdilemma gefunden zu haben: Indem er Besitz anhäuft, kämpft er gegen die Vergänglichkeit, schafft er sich Schutz vor dem drohenden Unheil, Schutz vor der unabwendbaren Katastrophe, dem Tod. Besitz anhäufen als Schutz ist so sinnlos wie der Traum vom ewigen Leben in der jetzigen Form oder als ewige energetische Fortdauer in der Zeit.

Um der wiederkehrenden Angst zu entgehen, muss man zum bestehenden Besitz jedoch immer neuen Besitz dazutun. Was man hat genügt nicht, denn lediglich die Tatsache des Einverleibens schafft die Illusion vom Glück. Menschen mit chronischer Fresslust zeigen das gleiche Angstsymptom in anderer Form: Das Verschlingen und Verdauen von Essbarem, dieses Einverleiben gibt scheinbare Sicherheit – so lange der Vorgang dauert. Und diese Frust-Lust ist so groß und so übermächtig, dass sich alle Körpersinne nur darauf richten. Der Magen und der Darm müssen gut gefüllt sein, alles anderes ist gleich.

So wie der vor Unglück Aufgeblähte ohne Bremsvermögen weiter in sich schaufelt und dabei ausblendet, dass er vielleicht schon widerlich aussieht, so nimmt derjenige, der Geld und Besitz zu seiner Religion macht nicht wahr, was er damit in sich und außerhalb seiner selbst anrichtet. Hauptsache er schwimmt wie Dagobert Duck in seinem Geld, kann darin eintauchen und das Raunen der vielen Goldstücke hören, die da flüstern: „Ich gehöre dir, ich schütze dich, ich mache dich glücklich, ich schenke dir das ewige Leben.“

Es ist ein Merkmal der Besitzgier, dass sie über Leichen geht. Es ist ihr auch gänzlich gleich, wie und auf welche Art der Besitz erworben wird, da nur das eigene Haben zählt. Ob man dabei Konkurrenten vernichtet, Menschen die einem vertraut haben ruiniert oder Tiere quält und missbraucht, das ist gleich. Letztere sind blöde Viecher und die vertrauensseligen Menschen? Mein Gott, warum sind die nur so dusselig? Der Spruch, dass jeden Morgen tausende von Narren aufstehen, die man ausnehmen kann, bekommt den persönlichen Bezug, den „Kick“ sozusagen: Man muss nur jeden Tag einen davon finden.

Jener gierige Mensch ist ein durch und durch armer und kranker Mensch, mag er in schwarzen Limousinen fahren und ganze Scharen von Menschen dirigieren. Er ist vereinsamt, verhärtet und meist verbittert und leidet unter der Vorstellung, irgendwo könne einer sitzen, der nur darauf lauert, ihm dies alles wegzunehmen. Und oft trifft genau dies zu.

Eine Abart jener Religion der Besitzgier ist jene, die nach Macht strebt, die ihre Befriedigung darin sieht, andere zu beherrschen. Das kann sich mit der Gier nach Geld mischen, jedoch ist hier das Rollenspiel, das Konzept von „Tarnen und Täuschen“ weitaus ausgeprägter.
Nehmen wir nur unsere politische Klasse, die meist aus einfachen Elternhäusern oder aus der Mittelschicht kommt und die, ihre Wiederwahl im Genick, sich in kürzester Zeit maximal viel einverleiben muss. Aber das ist bei diesem Job das Schwierige am Geschäft: Die so Handelnden müssen ihre Motivation der Gier hinter dem Mäntelchen des Biedermannes, hinter dem Mäntelchen des aufrechten Menschen verstecken, dessen, der angetreten ist, zum Wohle des Wählers und zum Wohle des Volkes unermüdlich zu arbeiten.

Ein Politiker muss jeden Tag, um weiter Karriere zu machen, schon am frühen Morgen den Finger aus dem Fenster stecken, um zu erfahren, woher heute der Wind weht. Und diese Meinung vertritt er unerschütterlich – vielleicht sogar bis zum Abend dieses Tages. Eine solche Lebensführung macht krank. Zu aller Gier noch die Strukturen der Verstellung und der Täuschung hinzugerechnet – ein jämmerliches Krankheitsbild.

Wer gesund sein will muss von jener Art zu leben Abschied nehmen, muss erkennen, dass „eine Rolle spielen“ „nicht originär leben“ heißt.

Jene Menschen, die gnadenlos unsere Welt ruinieren und sich noch dazu der Wissenschaft bedienen (jedenfalls den gekauften Teil davon), brauchen ganz dringend einen Bewusstseinsschub, denn sie sind die Leithämmel der Herde, sie bestimmen den Weg, den die Hammelherde geht – und sei es der Weg, der in die gänzliche Zerstörung führt.

Wenn ich in irgendeiner Form zu dieser beschriebenen gesellschaftlichen Gruppe gehöre, dann muss ich mich fragen, ob dem so starken „Haben- Wollen“ oder dem so starken „Sein-Wollen“ ein Grundgefühl anderen Namens zugrunde liegt. Hat dieses Gefühl vielleicht einen Namen der nicht so hässlich ist wie „Gier“ und der besser verstehbar ist? Ja, den hat er: Es ist die Angst. Es ist die Angst, die als Ohnmacht erlebt wird.

Es ist nicht das, was man „ängstlich sein“ nennt, es ist tiefe Kälte, Frustration, ist die Ohnmacht des totalen Ausgeliefertseins, ist das Nicht-Vorhandensein eines eigenen, intimen, sicheren Lebensraumes. Und wie schütze ich mich gegen diese tiefe Angst?

Mit Angriffen auf andere, wenn sie meinen imaginären Schutzkreis verletzen, den ich um mich gezogen habe. Wehe dem, der mir zu nahe kommt, der mir Ratschläge geben oder mir gar helfen will! Wenn ich sehe, dass ich so geworden sein könnte und in mich hineinsehe, dann erscheint vor meinem inneren Bild ein Kälte-Mensch. Was ist das für ein Mensch, kenne ich den?
 

Der Kälte-Mensch

Die Kälte-Menschen stehen für die ganze Tragik unserer westlichen Entwicklung, denn dem gut funktionierenden Großhirn stehen ihnen nur Teile der alten Hirnstrukturen zur Verfügung, diejenigen, in denen die Gefühle beheimatet sind. Der Kälte-Mensch ist rational, überlegend, überlegen. Er passt nicht nur in unserer gesellschaftliches Leistungs- und Anhäufungssystem, er hat es erdacht, erschaffen und hält es in Schwung.

Der Kälte-Mensch hat viele Vorzüge: Er ist strebsam, fürsorglich, berechenbar, zuverlässig, hält Zusagen ein, bemüht sich ungemein um die Seinen – aber ihm fehlt etwas ganz Entscheidendes: Mitgefühl für andere Lebewesen. Mitleid kann er vielleicht noch entwickeln: Vom Sockel herab kann einem schon mancher Mit-Mensch leid tun. Aber „mitfühlen“? Oder gar mitfühlen für nichtmenschliche Wesen?

Auch für den erkalteten Menschen hat der Mensch an sich natürlich eine Seele, zugegebenermaßen, aber das Tier? Der Baum oder gar ein Pflänzchen? Da muss jeder Realist lächeln über solches esoterisches Gedankengut. Realismus ist das Lebensfundament des erfolgreichen Tatmenschen: Das was er sehen, fühlen, riechen, hören kann ist die Wirklichkeit und dieses Leben gilt es zu meistern. Jener Realist ist also Materialist, denn es existiert für ihn nur das, was er sehen kann. Er hat das Unverstehbare das Mystische, das Göttliche abgeschafft. Seine Götter sind die Goldstücke in jeder Form.

Kälte-Menschen können gute Ehen führen, jedenfalls nach außen hin, denn diese Zweckgemeinschaft hat durchaus ihre Vorteile: Die eigene Versorgung ist gewährleistet, die Kinderaufzucht verläuft in geordneten Wegen und die Ehefrau, zumindest in jungen Jahren, ist ein liebgewonnener Sexualpartner. Kälte-Menschen sind die Säulen unserer Gesellschaft, aber sie sind sehr einsam. Lassen sie in einer ruhigen Minute Gedanken zu, die sich nicht um „machen“ drehen, dann spüren sie, dass ihnen etwas Grundlegendes fehlt. Aber was?

War vielleicht die Welt im Mutterleib schon unheimlich, unverständlich? War sie voll von Lärm, von Geschrei, vom Weinen der Mutter? Wollte man mich überhaupt, war ich erwünscht? Übertrug sich nicht schon die Angst der Mutter vor dem Tag des Geboren-Werdens auf mich im Mutterleib? War sogar eine Abtreibung erwogen, wenn auch nur gedanklich? Viele Fragen wurden schon bis zur Geburt nicht beantwortet. Gefragt hat natürlich nicht der Verstand. Wusste vielleicht jede Körperzelle schon, dass hier etwas in Unordnung ist?

Das Kind selbst, in seiner frühesten Zeit, hat unglaublich sensitive Antennen zur Außenwelt. Diese wird durch die körperliche und die psychische Mutter repräsentiert. War die psychische Bindung der Mutter zum Kind defekt, dann ist dieses Kind vordergründig nicht auffällig. Es zählt jedoch oft zu den Eigenbrötlern, werkelt still vor sich hin und kann den Kontakt zur Gruppe verlieren. Oft darf man jenen Kindern auch körperlich nicht zu nahe kommen. Die interuteral lange und schmerzlich vermisste Nähe wird abgewehrt: Durch Zurückweichen, durch Wegbiegen des Oberkörpers, durch Wegdrängen. Es gibt in der extremen Form Kinder, die schlagen vor Schmerz nach jenem Erwachsenen, der ihnen freundschaftlich die Hand reichen will.

Dieses schon im Mutterleib zurückgewiesene Kind misstraut allen: Den eigenen Eltern, den Erwachsenen überhaupt, der ganzen Welt. Die Annäherungen an die Erwachsenenwelt sind zaghaft, oft unmerklich oder unbeholfen. Schnell zieht sich dieses Kind in sein Schneckenhaus, in seine Schutzhöhle zurück.

Die Abwehr bei diesen Kindern ist nicht nur auf der körperlichen Ebene sichtbar. Es wird schon an der energetischen Ebene sozusagen „abgeschaltet“. Die Kinder machen „zu“, wie man so sagt, oder „dicht“.

Jene Menschen können sich schwer in eine Gemeinschaft einordnen, weil die zwischenmenschlichen Beziehungen, weil Geben und Nehmen gestört sind. Sie sind nicht im Gleichgewicht, weil sie nicht geben können. Was sollen sie auch geben – haben sie doch wenig, oft sehr wenig bekommen. Und oft ist genau das, was sie bekommen haben oder noch bekommen gerade das, was sie nicht brauchen.

Es gibt Kinder, die können keine Kinder sein, weil sie als kleine Erwachsene auf das „Leben“ hin trainiert werden. Gleich einem Spitzensportler oder einem Rennpferd haben sie tagtägliches Programm: Logopädie, Ergotherapie, Gymnastik, Tennis, Schwimmen, Bewegungstherapie, Tanz, Ballett, Reiten. Die Liste ließe sich weiterführen.

Spielen, was ist das, was soll das? Ruhe und Alleinsein? Unnütz! Das kindliche Wachstum, schon früh malträtiert, wird weiter behindert. Solche Kinder müssen sich Strategien des Hindurchschlängelns durch die Erwachsenenwelt zulegen, um einigermaßen ihre „Ich-Identität“ zu retten. Viele Energien gehen so für die notwendigen positiven Entwicklungen verloren, denn diese Energien werden dringend für das „Überleben“ gebraucht.

Vielleicht lassen sie – sollten Sie sich selbst hier ein wenig erkannt haben – heute Abend den Cognac oder die Flasche Rotwein einfach einmal weg und horchen in sich hinein. Gehen sie auf die Suche nach Wärme, nach Nähe. Betreten sie den Weg, den wir alle gehen müssen, wenn wir erkannt haben, dass uns unsere Lebensreligion krank macht.

Aus diesen Verstrickungen herauszukommen ist nicht einfach und erfordert harte Arbeit. Aber es wird sich lohnen, denn die „Kälte-Krankheit“ ist ein Krebsgeschwür, das man durch Willen, Übung und tatsächliche Veränderung umprogrammieren kann.
 

Krankmachende Glaubensvorstellungen: Diesseitsreligion – die Religion der Entsagung.

Der angepasste Mensch

Die in Demut leben, in Entsagung, die nicht auffallen, die immer nett sind, behilflich und lieb zu jedermann, sind sie die besseren Menschen? Sind sie die gesünderen Menschen? Über die Jahrhunderte gelten sie als Vorbilder, in religiösen Schriften, in christlichen Traktaten: Die Büßer, die Bedürfnislosen, die Asketen, die nur dem Herrn dienen, die Menschen, welche die andere Backe hinhalten, wenn einer schlägt, die einfach „gut“ sind und Vorbild für die Jugend. Es sind diejenigen, die eine Vollbremsung hinlegen, wenn sich ein menschliches Wesen auch nur dem Zebrastreifen nähert: Sie sind vorauseilend hilfsbereit und gehorsam.

Für den aggressiven Tatmenschen sind diese Menschen alles schwache Geschöpfe, die mit dem Leben nicht zurechtkommen. Für den Sonntagsprediger sind diese „friedhaften“, „gewaltfreien“ Eigenschaften vorbildhaft, die händeringend angepriesen werden. Was ist mit diesen Menschen, die lieber weggehen, als dagegen zu gehen, die sich lieber ducken, als ein gerades Kreuz zu zeigen, die niemals „nein“ sagen können, wenn alle „ja“ sagen? Sind sie die besseren Menschen? Sind sie seelisch gesund? Wir begegnen ihnen oft, und ich bin es vielleicht selbst, jener angepasste Mensch, der sich, allein auf sich selbst gestellt, vehement unwohl fühlt.

Jener „friedfertige“ Mensch braucht die anderen Menschen, so wie er die Luft zum Atmen braucht. Er mag und kann nicht allein durch die Welt gehen. Eine Gruppe von Gleichgesinnten, entweder religiöser Art, vereinsmäßig oder innerhalb eines großen Betriebes, geben wichtigen Schutz vor unliebsamen Lebensüberraschungen. „Ich will sein wie andere“, könnte der Leitspruch des angepassten Menschen heißen, der unter keinen Umständen der Welt gerne im kritisierten Rampenlicht stehen möchte. Gleichgesinnte geben Sicherheit, Festigkeit und mindern die Angst, plötzlich alleine und haltlos dastehen zu müssen.

In allen Bevölkerungsschichten ist jener Menschentyp zu finden, insbesondere aber in den heilenden und helfenden Berufen.

Man ist nicht großmäulig fährt keine schwarzen Limousinen, holt für andere keine Kastanien aus dem Feuer und ist kein Sklaventreiber. Gut will man seine Arbeit machen, still anerkannt will man werden, wobei ein Blick der Dankbarkeit vom Gegenüber genügt, um mit Motivation weiter seine Pflicht zu tun.

Der Anpassungsmensch lebt gerne in Harmonie, geht Streit, wo es nur irgend geht aus dem Weg und ist durch und durch ein friedfertiger Zeitgenosse, der am Geben mehr Freude hat als am Nehmen. Er ist der zuverlässige Buchhalter, der Mensch mit geraden Prinzipien, der Verlässliche, derjenige, den man gerne um etwas bittet. Da er auch im Berufsleben nicht anecken will, ja Panik davor haben kann, ein Verhalten oder eine Denkart vor seinem Vorgesetzten erklären zu müssen, trachtet er stets danach, die Maxime seiner Vorgesetzten, seines Betriebes, seines Vereines, seiner Religion zu übernehmen. Hier steht er dann gewiss auf der sicheren Seite und kann tief und beruhigt schlafen.

Kann er das tatsächlich? Seltsamerweise fühlen sich jene Menschen aber enorm unwohl, auch körperlich, wenn sie auch nur ein Schrittchen vom „Pfad der selbstgewählten Herde“ abweichen.

Diese Anpassungsfähigkeit hat nichts mit mehr oder weniger Intelligenz zu tun, wobei natürlich ein intelligenter Angepasster erheblich weiterkommt als ein verschlafener. Im westlichen Industrieleben kann dieser Mensch eine beachtliche Karriere hinlegen, auch und gerade bei den Behörden und großen Gesellschaften. In die tatsächlichen Führungspositionen wird er jedoch nicht vordringen können. Und geschieht dies aus Versehen doch einmal, dann wird er seines Lebens nicht mehr froh, denn wer Kraft Amtes als Chef tatsächlich entscheiden muss, der verlässt die Sicherheit, die der zweite Mann noch hat. Deckungs- und schutzlos gibt es nur zwei Alternativen: Er kündigt oder er wird krank.

Krankheit ist die beliebteste (scheinbare) Lösung für jene, die sich zu weit vorgewagt haben. Ist die Stufe der Inkompetenz erst einmal erreicht (nach der letzten Beförderung/mit Übernahme der neuen Aufgabe), dann ist jener ehemals so liebenswürdige Kollege nicht wiederzuerkennen: Da er seiner Aufgabe nicht gewachsen ist, kehrt er seine Inkompetenz durch Aggression oder durch Anbiederung nach außen. Beides lässt ihn versagen und krank werden.

Gehen die anderen im zweiten Glied ihren „sicheren“ Weg weiter, dann winkt als Belohnung das Wissen, dass man alles recht und richtig macht und nach außen darf sich große Selbstzufriedenheit breit machen.

Was, um Gottes Willen, ist in der Kindheit jenes Menschen geschehen, der schon als Kind lieber gehorsam war, als sich alters- und artgemäß auszutoben? Wenn wir die ersten Lebensjahre betrachten, was hat sich da ereignet? Oder ist dieses Verhalten gar eine Gnade, die hilft, die Klippen des Lebens sicher umschiffen zu können?

So sieht es vordergründig aus und deshalb sind die Erwachsenen auch des Lobes über solche Kinder voll. Die Eltern sind glücklich, denn meist wird einem solchen Kind auch eine überdurchschnittliche Intelligenz zugeordnet. „Er wird es einmal besser haben als wir“, so könnte die Überschrift der zufriedenen Eltern heißen.

Angepasste Kinder sind in ihrer übergroßen Mehrzahl Kinder von Gluckenmüttern. Vom ersten Lebenstag an drehte sich alles und ausschließlich alles um dieses Kind. Es war erwünscht, wurde schon im Mutterleib geliebt und nun, da es da ist, wird es umzärtelt, umsorgt, umhegt und die Mutter lauert fast telepatisch darauf, dem kleinen Wesen jeden Kummer abzunehmen. Das Kind lebt in einem Zustand der totalen Überwachung. Es gibt keine Regung, die ohne oder gar gegen die Mutter ausgelebt werden könnte.

Da die Mutter mit diesem Kind und durch dieses allmächtig geworden ist, setzt sie alles darin, diese Macht, von der sie überzeugt ist, dass sie Liebe sei, auszuleben. Jede Kindesregung wird sofort von der Mutter ausgelebt, die ihre eigene Interpretation darüber stülpt. Die Mutter braucht das Kind für eine gänzlich neue, mächtige Lebensrolle und ge-braucht es, um die omnipotente Rolle so lange wie möglich zu genießen. Etwas Grausames geschieht: Dem Verwöhnungskind wird beim Zucker-in-das-Mäulchen-stecken der Lebensatem abgestellt.

Wie soll das Kind eigene Impulse empfinden und eigene Lösungen entwickeln? Alles und jedes wird unter dem Deckmantel der Besorgnis und Liebe abgenommen und vorformuliert.

Hat das Kind nun gesunde und starke Regungen von Geburt her mitgebracht, kann es schon sehr früh seine Mutter kränken! Aber diese wird sicherlich sofort und auf der Stelle dagegensetzen. Und das so lange und so allmächtig, bis sich das Kind abgewöhnt, aus eigenem Antrieb etwas wollen zu wollen.

Immer, wenn sich das Kind nicht so verhält wie die gute Mutter es will, lädt es Schuld auf sich. Und wer möchte immer bei falschem Verhalten ertappt werden, wer möchte schuldig sein und sich dann schämen müssen? Immer wenn das jetzt größer werdende Kind brav ist, ist sein Leben Schlaraffenland. Brav sein heißt, keine eigenen Wünsche haben und tun, was man gesagt bekommt. Träumen kann man noch: Den Traum vom Prinzen oder der Prinzessin, denn diese bekommen nicht nur ihre Wünsche erfüllt, nein deren Wünsche werden unausgesprochen von den Untertanen erraten! Sie bekommen die Dornen von den Rosen gepflückt – sie brauchen sich nur dem Rosenstrauß zu nähern und diesen anzuschauen. Per Wünsch-dir-was-Gedankenstrahl bekommen sie rote Teppiche ausgelegt und Nutellabrote in den Mund geschoben. „Die Welt muss meine Wünsche erraten“, weiß das Kind, „denn aussprechen darf ich sie nicht“.

„Ich will“ ist ein schlimmes Wort, pfui! „Ich brauche“ ist ebenso schlecht. Wieso soll ich wissen, was ich brauche? „Ich hätte gern“ heißt: „Mama wird mir geben“, und aus „Ich bin“ wird „Mama ist lieb, aber nur wenn ich brav bin“. Nach den ersten Lebensjahren ist der Tod der eigenen Entfaltung bereits weit gediehen. Die Mutter weiß: Ein bisschen Liebesentzug, und schon marschiert das Kerlchen wieder!

Wer sieht die Qual des nicht von der Mutter losgelassenen Kindes, seine geplatzten Hoffnungen, seine verlorenen Träume, seine erstorbenen Eigengefühle, sein beschnittenes Ich, von dem das Kind ja nicht einmal weiß, das es so etwas gibt? Der junge Mensch, älter werdend und nun von seiner „Schlaraffenland-Mama“ zumindest äußerlich gelöst, wird mit der tatsächlichen Realität konfrontiert. Er, der nicht mehr von jedem Erwachsenen gehätschelt wird, bekommt ernsthafte Probleme mit seiner ihm übergestülpten Identität: die Welt zeigt sich für ihn unglaublich roh, gemein, gefährlich und ungerecht.

Das groß gewordene Kind empfindet: Alle wollen mir böse, keiner tut was ich gerne hätte! Ich bin tief beleidigt und könnte vielleicht krank werden – dann kümmern sich wieder so viele um mich. Eine Liste von Ausweichmanövern ließe sich aufstellen, wobei der Flucht ins Traumverhalten eine große Bedeutung zukommt: Wer das Leben im Traum oder als Traum erlebt, braucht es nicht zu leben, kann so dem Schmerz entfliehen und sich noch über die rohe, primitive Welt erheben. Der gequälte junge Mensch, bald erwachsen, kann dann, um sich Erleichterung zu verschaffen, eine moralische Position erklimmen, um sich über seinen Peiniger zu stellen. Er wird zum hochmütigen, vielleicht zum moralisch starken und gefestigten Menschen. Und er weiß nicht, dass er im Innern vor Wut kocht, dass seine gesammelte Lebensqual ein brennendes Feuer ist, welches ein eingemauertes Dasein fristet. Wehe, wenn es einen Spalt nach außen findet!
 

Der ganz liebe Mensch

Der ganz liebe Mensch ist die Extremform des angepassten Menschen. Seine frühkindliche Prägung ist jedoch eine Spur anders verlaufen, so dass sich eine ultimative Form der Anpassung herausgebildet hat.

Hatte der angepasste Mensch als Hintergrund ein die eigene Seele abwürgendes Schlaraffenland und sogenannte Affenliebe, so ist das ganz liebe Kind noch eine Spur schlechter daran: Es (das so gut als Kind und dann als Erwachsener funktioniert), kennt nur die Lebenskatastrophe Ablehnung. Schon im Bauch der Mutter hat das Kind die Kälte, die Beziehungslosigkeit, die Feindschaft der Mutter gespürt, welche diese der neuen Last des Lebens in ihrem Leib entgegenbrachte: „Mein Gott, jetzt auch noch schwanger?“

Wurde eine Abtreibung erwogen? Natürlich ja, wenn vielleicht auch nur ganz kurz und unter größten einsetzenden Schuldgefühlen. „Austragen – ja oder nein?“ Ja, man nimmt die Last auf sich, auch wenn der Mann, der Freund, der Erzeuger ja eigentlich dagegen ist. So hat sich dieser die Beziehung nicht vorgestellt! Hätte sie weiß Gott nicht aufpassen können? Wozu gibt es denn die Pille! „War sie naiv oder was?“, wird der so unschuldige Papa mit Sicherheit fragen, ganz gleich wie hoch sein Bildungsstand ist – bevor er sich davonmacht – oder grollend oder wütend oder resignierend die Sache auf sich zukommen lässt.

Das Kind wächst, es wurde nicht abgetrieben. Die innere Frau der werdenden Mutter, ihr Körperbewusstsein, hat ihre kosmische Bestimmung in jeder Körperzelle gespeichert. Diese Mutter möchte doch eine gute Mutter sein. Die Feindseligkeit als Grundhaltung bleibt, aber das „gute Mutter sein wollen“ wird im Laufe der Schwangerschaft immer stärker und wenn das Kind dann geboren ist, dann wird auch die Ambivalenz, das Hin- und Hergerissensein der Mutter, größer und größer. Da eine Mutter (das weiß die innere Frau), ihr Kind zu lieben hat, wird die unausgesprochene Ablehnung zur Schuld, die man unbedingt loswerden muss.

Wie macht man das? Man verwöhnt das Kind. Man verwöhnt dieses in jenen Phasen, in denen man seinen (inneren) Zorn unter Kontrolle hat. Man verwöhnt es dann unmäßig, unreflektiert, triebhaft. Diese Frauen sind meist selbst hart und im Leben in Vielem zu kurz gekommen. Es fehlen die so lebenswichtigen echten Emotionen. „Liebe“ heißt für diese Mütter „verwöhnen“ Aber das Kind merkt untrüglich, das es eine Verpackung bekommt und keinen Inhalt, es empfindet den Schmerz der Mutter mit, kann diesen jedoch nicht einordnen und stellt fest, dass es wohl selbst schuldig sein muss.

Das Dasein an sich wird zur erlebten und erlittenen Schuld. Das Kind empfindet kein Lebensrecht, es ist froh, wenn man es duldet und es resigniert schon ganz früh vor dieser unverstehbaren Welt. In dieser Hoffnungslosigkeit ist das Anpassen, ja sogar das Über-Anpassen eine Rettungsstrategie. Wer dieses Leben ohne Sinn, Freude und Hoffnung mit der Flasche schon eingesogen hat, kommt sich selbst auch nicht liebenswert vor und entwickelt Minderwertigkeitsgefühle. Nur durch Überanpassung kann man nun das Gefühl der Wertlosigkeit überwinden – und dazu ist dann das unvermeidliche Schulleben eine beste Einübung in die Erwachsenenwelt.

Viele Erwachsene, auch Lehrer, sind ja so dankbar für solche Kinder, denn diese sind nicht nur „einfach so“ gehorsam, sie gehen sogar eine Stufe tiefer, zur absoluten, unterwürfigen Gehorsamform, dem vorauseilenden Gehorsam. Es sind die Kinder, welche mit ihrem trainierten Instinkt im Voraus ahnen, was angesagt ist und die bereits danach handeln, bevor dies vom Erwachsenen verbalisiert wurde. Mit ihren sensiblen Antennen wissen sie genau, was an Forderungen kommen wird und mit welchen Gesten und Handlungen man die gefährliche, bedrohliche Welt da draußen zufrieden stellen kann.

Brav, still, voller Langeweile und reizarm sitzt das Kind seine Schulzeit ab, ohne Antrieb, ohne eigene Aktivität. Der Weg zur Sucht, zu Alkohol und Drogen ist geebnet. Wir wissen ja: Sucht kommt nicht von Drogen, sondern von zerstörten Träumen, zerplatzten Hoffnungen, nicht erfüllten Sehnsüchten, fehlender Liebe, fehlender Verlässlichkeit und emotionaler Kälte. Wissen wir das tatsächlich?

Das ganz liebe Kind wird zum ganz lieben Menschen, zum Anpassungs-Menschen ohne jegliches Profil, der sich als Selbstschutz eine „Friedfertigkeit-Ideologie“ zugelegt hat. Er stellt keine Forderungen, braucht nichts, will nichts, hat keine Freunde und kennt schon gar nicht das, was man Lust oder Lebenslust nennt. In der Regel kennt er auch keine Esslust und kaut auf Körnern, um die Nahrungsaufnahme zu sichern.

Generell ist die Nahrungsaufnahme gestört: Man kann meist nichts nehmen, aufnehmen und gehört zu den „Frust-Hungerern“, denen das Essen einfach vergeht, wenn sie gestresst werden – und das ist reichlich der Fall. Der Endpunkt ist hier die Magersucht, jene Zerstörung des eigenen Körpers aus Ekel vor der Welt. Man muss nichts mehr in sich hineinstopfen und es kommen keine Ausscheidungen mehr: Wenigstens seinen Körper hat man im Griff!

Das andere Extrem ist der Fressgierige, der „Verdauungstrakt auf zwei Beinen“, welcher seine Angst vor dem Leben meint mit „nehmen“ und „aufnehmen“ besiegen zu können. Es ist der „Frust-Fresser“, der Essen muss, wenn er gestresst wird – und das ist auch bei ihm reichlich der Fall.

Der dritte Möglichkeit ist eine Kombination: Man isst bis zum Moment des Platzens und steckt sich dann den Finger in den Hals. Bulimie nennt man jenes geheimgehaltene Verhalten – längst auch von der Regenbogenpresse entdeckt: Nicht wenige aus der Welt der „Schönen und Reichen“ sind davon betroffen.

Der ganz liebe Mensch hat eine panische Angst vor Aggressionen und scheut nichts mehr als Auseinandersetzungen, deshalb wird alles entschärft, verharmlost, verniedlicht. Oft zeigt sich seltsames Lachverhalten, nämlich immer dann, wenn eine Entscheidung gefragt ist: Da kann der ganz liebe Mensch kichern, vielleicht sogar herumtänzeln und statt einer sachgerechten Antwort einen „Scherz“ von sich geben. Vor jeder Entscheidung muss dieser Mensch erst einmal ausweichen.

Partnerbeziehungen sind für jene „ganz Lieben“ eine einzige Katastrophe, wiederholt sich doch in ihnen die ungesunde frühe Mutter-Kind-Beziehung. Lebt die Mutter noch, dann kann oft keine Partnerschaft eingegangen werden, denn wer will schon seine Mutter kränken oder ihr weh tun! Sucht man einen Partner, dann muss dieser ganz bestimmte Qualitäten haben. Aufgehoben ist man bei Menschen, bei denen man weiter Kind bleiben kann. Man lebt das weiter, was man so verinnerlicht hat und ist lieb, geduldig, demütig bis unterwürfig, ist der Dulder in der Familie und identifiziert sich ganz und gar, mit Haut und Haaren, mit dem Partner. Man hat einen fantastischen Partner gefunden, einen Helden einen dem man „aus der Hand frisst“ und bei dem man seine Demut ausleben kann.

Gegenüber der bösen, eiskalten Welt ist man selbst heilig und man weiß, was Recht und was Unrecht ist. Auch was Tugend ist weiß man, und dies lebt man schließlich auch! Jeder kann das sehen, jeder kann das wissen und ein moralisch hochstehendes Vorbild (wie ich es bin) hat noch nie geschadet. Oder?

Das Problem ist, dass dieser so scheinbar friedfertige Mensch in seinem Innern hochaggressiv ist, ohne dass er dies weiß. Sein stärkster Feind, derjenige vor dem er tagtäglich flüchtet, steckt mitten in ihm selbst und gibt ihm die Triebkraft, sich über die anderen, über das Umfeld, über die Welt zu erheben – auch über den angebeteten Partner: Man ist die moralische Welt-Instanz und zeigt dies.

Aus der eingemauerten Seele kriecht unbemerkt die Herrschsucht, die, natürlich in liebe Worte gepackt und verpackt, sich über all jene Menschen des Umfeldes ergießt: Schuldgefühle werden erzeugt und Liebe wird, wenn nötig, erpresst. Der Friedfertige ist hochaggressiv und hasst diese Welt, die ihn zu ersticken droht. Er zerstört (in scheinbarer Friedfertigkeit) aktiv durch das, was er Liebe nennt. Und wenn sich kein solches Objekt der „Liebe“ findet, zerstört er sich eben selbst. Er ist nicht nur das Opfer der bösen Welt, er opfert sich auch dafür und bleibt so als vermeintlicher strahlender Sieger zurück. Ein Mensch der hohen „Moral“ – arm und krank.
 

Krankmachende Glaubensvorstellungen: Die Diesseitsreligion – die Religion des dumpfen Konsumierens.

Die Menschen, welcher dieser Religion angehören, scheinen ihr Menschsein aufgegeben zu haben. Sie sind ausgeklinkt aus der wirklichen Welt und leben in einer virtuellen, eingebildeten. Ihr Bild von der gesellschaftlichen Realität entnehmen sie der Bildzeitung und den täglichen Talkshows, ihr Bild von der politischen Realität wird, wenn es hoch kommt, abends bei der Tagesschau auf Norm geeicht.

Ihr Bild von der Natur entnehmen sie Tierfilmen wie: „Mein Affe Charlie“ und Natur erleben sie als Kulisse von Horrorfilmen. Ihr Bild von Nahrungsmitteln spiegelt sich in der Supermarkttheke und sie sind wie riesengroße greinende Babys, die da in ihrem Bilder-Ställchen sitzen, mit großen Augen gucken und „haben, haben“ plärren.

Ein universelles Gesetz heißt: „Wie im Außen, so im Innen.“ Es lässt sich auch gespiegelt anwenden, wie alle universellen Gesetze: „Wie im Innen, so im Außen“. Bei den dumpfen Konsummenschen zeigt sich uns dieses Gesetz besonders deutlich, wenn nicht gar dramatisch: Die äußere Ausstrahlung entspricht der inneren, verkümmerten Welt und umgekehrt. Der dreidimensionale Körper schreit die Seelenverkrüppelung hinaus.

Die tägliche Wirklichkeit dieser Diesseitsreligion ist furchtbar, weil jener Menschentyp sein tatsächliches Wesen, seine Fähigkeiten, seine Kreativität, seinen Handlungsspielraum gänzlich an andere abgegeben hat und allein noch für deren
Umsätze nütze ist. Es ist ein Verdauungssystem auf zwei Beinen, das alles in den Schlund jagt, dessen er habhaft werden kann: Essen, Kleider, Autos, Freude, Glück, Liebe, Menschen, Beziehungen, alles eben, was sich für ihn „greifen“ lässt.

Bier ist ein wichtiges Getränk, denn der Kopf muss benebelt bleiben, Tabletten sind wichtig – und ansonsten ist das ganze Leben – Kacke!

Die Menschen, die diesen Weg gewählt haben, sind in der Regel verlorene Menschen – sie haben sich selbst verloren. Sie schneiden sich den Weg zur Gesundung selbst ab und wählen die Zerstörung, die langsame Zerstörung der eigenen Person.
 

Die energetische Verursachung von Krankheit: das Leid.

Die Existenz an sich ist Schmerz und Leid

Buddha (1) nannte Gier, Hass und Wahn die Grundlagen alles Leidens. Jene drei Gesundheitsgifte tun ihre Wirkung noch heute. Diese Gier, die Begierde nach etwas, kann man auch mit „Leidenschaft“ übersetzen, wobei dieses deutsche Wort sehr eindeutig ist: Leidenschaft ist etwas, das Leiden schafft. Unser Leben, das mit der Geburt beginnt und mit dem Tod endet ist vom ersten bis zum letzten Augenblick leidvoll.

Die Geburt, das „Hineingeworfen“ werden, das ins Dasein treten ist bereits mit großem Leid verbunden: Das aus der Mutter herausgepresst werden, der enge Geburtskanal, die Deformationen am kleinen Körper, das Getrenntwerden vom kosmischen Zustand im Mutterleib, die ersteLungenfunktion, das grelle Licht, die Kälte, keine sichere Begrenzung mehr haben, der Verlust des Herzschlages der Mutter: Schmerz und Leid.

Das Altern, der Zerfall des Körpers ist mit großem Leid verbunden: Die Ersatzteile im Mund und vielleicht in anderen Körperteilen, der Haarausfall, die Gedächtnislücken, die Abnahme an Wertigkeit in der Gesellschaft, der Rückgang der Sexualität, die Abnahme der Leistungsfähigkeit, der schleppende Gang, die Luftnot, der kleiner werdende Freundeskreis, das Wegsterben von Weggefährten, die zunehmende Verständnislosigkeit der jungen Generationen gegenüber, die Irritationen bezüglich neuer gesellschaftlicher Gepflogenheiten und Strukturen, die Angst vor dem nicht zu umgehenden Tod: Schmerz und Leid.

Das Sterben, das unausweichlich kommt, ist die letzte Auswirkung der Geburt – es ist mit großem Leid verbunden: Es bedeutet Abschied nehmen, hoffentlich in Würde, bedeutet langsames Dahinsiechen in fürchterlicher Abhängigkeit oder schneller, plötzlicher Tod, das Zurücklassen des Körpers, seine Auflösung, das Verfaulen dessen, was einmal der ganze Stolz war, das Zurücklassen alles Besitzes, nichts mehr haben, nichts mehr sein: Schmerz und Leid.

Die Sorge, das Besorgtsein, die Ängstlichkeit ist mit großem Leid verbunden: Die Gedanken kreisen und kreisen und lassen uns nicht mehr los – sie vernebeln unser Hirn, sie blockieren den Geist, sie nehmen uns geradezu die Luft zum Atmen. Gedanken der Sorge wühlen in uns, zerfurchen unser Großhirn, drehen sich hin und drehen sich her und machen mit uns was sie wollen. Wir kommen überhaupt nicht mehr zum klaren, zielgerichteten Denken, denn sie verwirren uns, machen diesen Vorschlag und jenen und wollen die Zukunft vorwegnehmen. Das Heute, das Jetzt, der handelnde Augenblick kommt nicht nur zu kurz, er kommt gar nicht mehr vor. Sich sorgen und darüber grübeln was auf mich zu kommen könnte bringt nur eines: Schmerz und Leid.

Der Jammer, das Beklagen dessen was geschehen ist und was gewesen, ist mit großem Leid verbunden: Alles, was nicht so geworden ist, wie ich es mir heute vorstelle, kann ich bejammern. Die Kinder, die Freunde, der Partner, alle haben sich anders entwickelt als ich dies geplant hatte, als ich mir dies vorstellte. Die Arbeitssituation ist unbefriedigend, die Wohnung müsste anders sein, das Auto gefällt mir nicht mehr, die ganze Welt ist schlecht und ein Scherbenhaufen. Jammern und Wehklagen, die Ausdrucksform der Unzufriedenheit, das Räsonieren darüber, dass sich die Welt nicht in mein selbst gebasteltes Korsett zwingen lässt, bringt nur eines: Schmerz und Leid.

Die all umfassenden Schmerzen, welche mein irrealer Geist erzeugt, weil meine Wünsche nicht zur Wirklichkeit werden, steigern diesen Jammer ins Unendliche: Jene Qualen, die ich erleben kann, weil die Menschen, mein Umfeld, die Welt (und überhaupt alles) nicht so ist wie ich es gerne hätte, sind mit großem Leid verbunden:
Ich spüre und fühle, dass ich das Leben, wie es fließt, nicht unter Kontrolle habe. Je mehr ich mich selbst und mein Umfeld kontrollieren will, bestimmen will, desto stärker spüre ich, dass ich gegen Wände renne. Und immer wieder nehme ich einen Anlauf und immer wieder verletze ich mich selbst. Ich meine in meiner Blindheit, ich werde verletzt. Welch ein Irrtum; ich verletze mich selbst! Und diese Verletzungen bringen immer mehr das über mich, was ich zu vermeiden trachte: Schmerz und Leid.

Die Schmerzen welche der Körper mit sich bringt, jenes Weh da und dort, im Rücken, im Bauch, die ziehenden Glieder, das knackende Gelenk, alle diese Schmerzen sind mit Leid verbunden: Wir merken, dass krankhafte Körperveränderungen unangenehm bis sehr schmerzhaft sind und dass der Körper ein vergehendes Gebilde ist. Die Tatsache des Schmerzes ist ein unüberspürbares Signal des Körpers an uns selbst: Halte an, verändere dich und deine Lebenssituationen, ziehe die Notbremse, jetzt und sofort. Aber wer hört schon das Rufen? In der Regel gehen wir zum Arzt und lassen eine Arznei verschreiben. Indem ich den Ursachen des Schmerzes ausweiche, diesen betäube, dem Schmerz fliehe anstatt mich ihm zu stellen, bringt er jene „Qualitäten“ in noch größerem Maße, die ich so gerne vermeiden möchte: Schmerz und Leid.

Alles, was mit dem Körper zu tun hat bringt Leid: Es ist die Tatsache, dass unser Körper Materie ist. Als materielles Gebilde ist jeder von uns den Bedingungen dieser Materiebildung und des Materieverfalls ausgeliefert. Zudem besteht unsere Welt aus körperlich manifestierten Eindrücken, welche uns die Welt beschreiben, aus den Körpersinnen. Ist ein Körpersinn schwach ausgebildet oder nicht vorhanden, ist dort auch die Welt für uns schwach oder nicht vorhanden.

Ich habe einen Körper, auf dessen Entstehen ich keinen Einfluss hatte, auf dessen strukturellen Aufbau ich keinen Einfluss hatte, auf dessen autonome Tätigkeiten ich keinen sichtbaren Einfluss habe. Eigentlich gehört mir der Körper nicht. Eigentlich bin ich das nicht. Eigentlich ist dies nicht mein „Ich“.

Wenn ich meine, dieser Körper sei etwas Beständiges, etwas Dauerhaftes, etwas was identisch bleiben könnte, zumindest für eine gewisse Zeit, dann erschaffe ich mir Schmerz und Leid: Ich denke Irreales und akzeptiere nicht die Wirklichkeit.

Alles, was mit den Gefühlen zu tun hat bringt Leid: Alles, was uns begegnet, seien es Menschen, Zustände oder Dinge/ Objekte, wecken in uns eine von drei Gefühlsqualitäten: angenehmes Gefühl, unangenehmes Gefühl, gleichgültiges Gefühl. Alles, was uns angenehm erscheint, ruft in uns „Haben-Wollen“ hervor, „Besitzen-Wollen“, „Sich damit vergnügen wollen“. Es erweckt in uns die Leidenschaft, die Begierde, die Sehn-Sucht, die Sucht – eben und letztendlich das, was mit dem unangenehmen, hässlichen Wort „Gier“ auf den Punkt gebracht wird.

Alles, was uns unangenehm erscheint ruft in uns Aggression hervor; in stärkerer Form Abscheu, in stärkster Form Hass. Alles, was uns nicht angenehm ist, was uns nicht gefällt, was uns tangiert, was wir nicht haben wollen, was wir nicht sein wollen, fällt in diese Kategorie. Auch der Zynismus, auch in seiner „humorvollen“ Verkleidung, gehört hierher. Und was gibt es für Verstellungsarten und -möglichkeiten, damit ja niemand auf die Idee käme, man gehöre zu diesem Menschentyp. Vielleicht verstellen wir uns sogar vor uns selbst? Vielleicht würden wir den größten Streit anfangen, wenn jemand behaupten würde, dass uns eigentlich der Hass in einer seiner Formen antreibt.

Alles, was uns Gleichgültig ist, weil es weder Begierde noch Aggression in uns auslöst, geht an uns vorbei. Es interessiert nicht, lässt uns kalt, wir machen uns darüber keine Gedanken. Wir wollen in dieser Beziehung unwissend bleiben, ignorant. Bloß kein Mitgefühl entwickeln! Wir nehmen diese Realität nicht wahr, blenden sie aus. Wir nehmen einen Realitätsverlust in Kauf.

Dies geschieht viel öfter als wir denken, besonders wenn unser eingefahrenes Denksystem durch neue Gedanken oder Ideen „bedroht“ wird. Ignoranz macht vor den intelligentesten Menschen, vor den Menschen mit den höchsten Titeln nicht halt. Insbesonders wenn ein Amt, eine Stellung, ein Lebenswerk zu verteidigen ist, kann diese Ignoranz ungeheuerliche Formen annehmen.

Diese Gleichgültigkeit gegen nicht konforme Denkstrukturen bedeutet nicht nur Realitätsverlust, es ist eine Technik des Abschirmens: ja nicht einlassen – meine Weltsicht könnte dabei zusammenbrechen!

Und weil man spürt, dass die Welt sich nicht in meine Vorstellungen pressen lässt, gebe ich nicht etwa diese irrealen Vorstellungen auf, nein, ich zwinge und zwinge was sich nicht zwingen lässt – und wenn ich dabei zugrunde gehe: Unendliches Leid entsteht, das ich mir selbst antue.

Alles, was mit Wahrnehmung zu tun hat bringt Leid: Was wir wahrnehmen können bestimmen wiederum unsere mehr oder weniger gut ausgebildeten Sinne. Wir nehmen Formen wahr, wir nehmen Töne wahr, wir nehmen Gerüche wahr, wir nehmen Geschmäcker wahr, wir nehmen Berührungen wahr – Ergebnisse der einzelnen Sinnesorgane. Übergeordnet könnte man noch die geistigen Wahrnehmungen nennen, natürlich nicht losgelöst von den gehabten Erfahrungen durch die Sinnesorgane.

Alles was wir wahrnehmen blitzt einen Moment lang auf, ist in diesem Moment Realität und entschwindet. Ob es ein Geruch ist, eine Berührung, ein Ton: der tatsächliche Erlebensmoment ist kurz. Ab und an gibt es eine Aneinanderreihung von solchen Erlebensmomenten – o herrliches Gefühl von Dauerhaftigkeit! Nein, Irrtum; nichts kann ich behalten, nichts gehört mir, alles muss ich abgeben, ob ich dies akzeptiere oder nicht: Leid entsteht, und je mehr ich an diesem Dauerhaftigkeits-Irrum festhalte, desto größer wird es.

Alles, was mit Bewusstsein zu tun hat bringt Leid: Bewusste Geisttätigkeit richtet sich nach den individuellen Fähigkeiten und nach der spezifischen Charakterausbildung des Menschen, wobei dem Willen eine herausragende Bedeutung zukommt. Jeder Mensch kann mit der Kraft seines Willens sein Dasein, sein Lebensniveau, sein Schicksal in eine positive Richtung verändern! Durch Willensakte kann man sowohl seine Fähigkeiten wie auch seinen Charakter auf höhere Ebenen heben: Mit dem „Schicksal“, das da mein Leben bestimmt darf sich niemand herausreden; dies wäre ja nun noch schöner. Dies wäre die schon angeschnittene Ebene des Jammers.

Aber – auf was baut das Bewusstsein auf? Zuerst allein auf den Möglichkeiten unserer Körpersinne. Auf dieser Stufe bleiben viele Menschen stehen und hängen ihre Bewusstheit an Körper und Materie. Da diese eben vergänglich ist, entsteht Schmerz und Leid. Leider kann sich unser Bewusstsein nicht von der Materie lösen – und selbst dort wo dies gelingt – ich will das ja niemandem absprechen, selbst dort ist ohne jeden Zweifel dieses hohe Bewusstsein der Vergänglichkeit unterworfen. Irgendwann beginnt es sich zu trüben und am Ende wird sich auch dieses individuelle Bewusstsein auflösen; es kann sich nicht von der Tatsache des Weges, der da Vergänglichkeit heißt, abkoppeln.

Wenn nun alles Geschehen ein sich durchdringender Prozess von Körper, Gefühl, Wahrnehmung und Bewusstsein ist, ein Prozess der ständigen Veränderung, des ständigen Gebärens und Sterbens, wo ist in diesem Geschehen mein „Ich“? Wenn es keinen definierbaren Platz gibt wo das Ich angesiedelt ist, kann es dann sein, dass es ein solches „Ich“ überhaupt nicht gibt?

Die Quantenphysik belegt eindrucksvoll diese von Buddha begründete „Nicht-Ich-Lehre“, indem sie beweist, dass es keinerlei Substanz im Kosmos gibt. Alles, was da ist schwingt in ungeheuerlicher Bewegung. Wenn zum Beispiel die Neutronen eines Stein-Atomes in etwa 900km/sec um den Kern rasen, das ist eine Geschwindigkeit von 324.000 Stundenkilometern, dann ist der Stein nur unbeweglich für unsere rudimentären Sinne. Im Sinne von Bewegung lebt jeder Stein – und er muss sogar Bewusstsein besitzen, denn wer koordiniert die rasenden Energiestrukturen im Stein, die wir fälschlicherweise „Teilchen“ nennen?

Es gibt keine Unterscheidung mehr in hier „tote“ Materie“ (anorganisch) und dort „lebende“ Materie (organisch). Die Quantenfeldtheorie sagt uns sogar, dass es die klassischen Gegensätze von hier festen Teilchen und dort der umgebende Raum überhaupt nicht gibt. Sie zeigt uns, dass materielle Objekte mit der Umgebung, die für uns leer zu sein scheint, regelrecht verkettet sind. Die Unterscheidung von Materie und Nicht-Materie ist objektiv nicht gegeben und rein strukturell. Die Physik, die Mutter aller Wissenschaften, untermauert beeindruckend das, was bis dahin als esoterisch abgetan wurde: das „Ich“, das „Mein“, das „Ego“ ist eine reine irreale Konstruktion.

Dies zu begreifen ist ein existentielles Problem. Die Realität so zu sehen, wie sie tatsächlich ist, ist zuerst tiefer Schmerz, ist Abschied nehmen, ist die totale Veränderung zuzulassen. Für Realitätserkenntnis muss man seine Illusionen opfern, das, was man einst „Wahn“ nannte, jenen dritten Aspekt der Grundlagen alles Leidens. Ein altes deutsches Wort, das diesen illusionären Zustand gut beschreibt, ist „Verblendung“. Wer sich blenden lässt, sieht nicht den tatsächlichen Zustand; vielleicht sieht er Wichtiges nicht und sieht nur Unwichtiges. Der Geblendete sieht überhaupt nichts, vielleicht meint er nur, oder er denkt nur. Das Eine ist so untauglich wie das Andere.
 

Die Entstehung von Schmerz und Leid

Wenn Schmerz und Leid deshalb entstehen, weil wir an Materie gebunden sind, weil wir um unseren Tod wissen, weil wir uns abgeschnitten, getrennt von aller Welt fühlen, dann müssen wir uns fragen, warum dies so ist. Warum fühlen wir uns getrennt? Warum haben wir Angst vor dem Tod? Warum ängstigt uns die Vergänglichkeit der Materie und alles Seins?

Wir wollen die Realität nicht akzeptieren. Wir stemmen uns gegen die Wirklichkeit. Wir kämpfen gegen das was ist. Wir versuchen die gegebenen Tatsächlichkeiten zu überlisten. Wir wollen nicht sehen, dass wir nichts anderes sind als der wippende Grashalm, als der rauschende Baum, als die summende Biene, als der am Himmel schwebende Falke. Wir sind Leben unter anderem Leben, Leben das kommt und geht und das seinen Sinn darin hat, im Jetzt-Moment zu leben. Dieses lebenslang immer wiederkehrende „Jetzt“ ist der einzige Besitz, den wir haben. Dies ist der einzige Handlungsspielraum, den wir haben. Statt dieses zu erkennen und zu nutzen, schwelgen wir in der Zukunft: wie sie sein könnte, wie wir sie erträumen.

Oder wir trauern der Vergangenheit nach: wie sie hätte sein können, wenn wir das und das so oder so gemacht hätten.

Wir panzern uns ein, bauen ein so wichtiges Ego auf und leben in Traumwelten von gestern und in Traumwelten von morgen. Da soll kein Leid entstehen?

Und dann wollen wir festhalten was nicht festzuhalten ist: alle angenehmen Dinge dieser Welt die uns begegnen, vor allem das, was uns Freude macht und Glück bringt. Wir suchen im Außen die Tröstungen und finden sie nur kurz. Durch Haben, durch Anhäufen, durch Festhalten ist keine Lösung zu erreichen. Schmerz und Leid entstehen, weil wir uns an eine Lebensvorstellung klammern, die nicht real ist. Wir klammern uns an unseren Körper, wir klammern uns an unsere Gefühle, wir klammern uns an unsere Sinne, wir klammern uns an unser Bewusstsein. Wir verbeißen uns in eine irreale Hoffnung von Dauerhaftigkeit und wollen diese nicht loslassen. Es gibt Menschen, die sterben lieber, als ihre Illusionen von der Welt zu revidieren. Sie rennen mit ihrer Einbildung lieber in die Selbstzerstörung, als jener im ersten Moment schockierenden, aber dann erlösenden Wirklichkeit ins Gesicht zu sehen.

Schmerz und Leid entstehen, wenn wir irrealen religiösen Vorstellungen nachgehen, welche den ewigen Fortbestand der eigenen Person predigen: ein rührendes Bemühen, der Realität nicht ins Auge sehen zu müssen. Besonders schmerzlich ist dies, wenn diese religiöse Vorstellung einhergeht mit der Vorstellung einer Höherwertigkeit der eigenen Person. Dieser Hochmut muss zwangsläufig an der Lebensrealität zerbrechen.

Schmerz und Leid entstehen, wenn wir irrealen nihilistischen Vorstellungen nachgehen, die da sagen, dass alles Leben ein zufälliges Nichts sei, dass wir in eine feindliche Welt geworfen wurden, dass dort nur die stärkeren überleben und dass der Tod die endgültige Vernichtung sei.

Schmerz und Leid entstehen in uns selbst: weil wir Wahnvorstellungen haben, weil wir verblendet sind, weil wir ignorant sind, weil wir unwissend sind, weil wir die Wirklichkeit nicht zulassen wollen

Schmerz und Leid entstehen in uns selbst, weil wir uns von der Verursachung unseres Lebens, weil wir uns von unserem Lebensfeld, dem göttlichen Quantenfeld, dem morphogenetischen Feld abgekoppelt haben. Mit unserem so dummen Ego machen wir uns zu Gott, machen wir uns die Erde untertan, zerstören wir uns selbst, zerstören wir die Menschen um uns und diesen Planeten.

Wir müssen uns an das Feld unserer Verursachung wieder ankoppeln, an den „Atem Gottes“, von dem wir eben nur ein Hauch sind – das ist unser Ziel.
 

Die Aufhebung von Schmerz und Leid

Dieses Wissen um die Entstehung von Schmerz und Leid ist bereits ein großer Schritt auf dem Weg der Erkenntnis. Das Zulassen dieses Wissens, das Eindringen-Lassen dieses Wissens in unser Denken, Fühlen und Handeln, ist schon ein großer Abschnitt auf dem Weg der Erkenntnis. Dieses Zulassen ist die Voraussetzung, um sich von Sorge und Leid zu befreien, um sich zu heilen, um gesund zu werden. Ohne dieses Erkennen der primären Verursachungen ist eine Heilung von der Wurzel her nicht möglich.

Wir müssen alle irrealen Schutzmechanismen loslassen: Das Besitzen-Wollen um des Besitzes Willen, die Aggression gegen uns selbst und gegen andere, Verblendung und Ignoranz. Wir müssen klar sehen, in Verantwortlichkeit leben und uns, unseren Geist und unsere Körperzellen wieder optimal an das morphogenetische Feld ankoppeln.

Wir müssen uns auf den Weg machen, Schrittchen für Schrittchen, um durch das Reduzieren von Illusionen, das Reduzieren der Gier und das Reduzieren der Aggression unseren angestammten Platz zu finden: dann verschwinden die Krankheiten des Geistes und mit ihnen die Krankheiten des Körpers.

Dafür gibt es einen Weg, der spirituell von Buddha und vielen anderen Weisen vorgegangen wurde, auch der originäre Jesus von Nazareth gehört dazu. Die moderne Physik kommt von der anderen Seite und trifft genau den gleichen Punkt – was für uns westlichen Kopfmenschen so wichtig ist.

Lasst uns diesen Weg gehen. Gewiss, die Vorgaben scheinen manchmal hoch wie unüberwindliche Berge, aber das täuscht: der Weg, der manchmal nur noch ein winziges Pfädchen ist, geht weiter, immer weiter. Wer einmal seinen Fuß darauf gesetzt hat, für den kann es kein Zurück mehr geben, unmöglich. Erkenntnis ist ein kosmischer Sog, der uns dorthin zieht, woher wir kommen und wohin wir wieder gehen – mit all den Erfahrungen, die wir hier gemacht haben.

Wozu das Ganze ist? Diese Frage zu stellen ist unsinnig, denn darauf gibt es keine Antwort. Wer eine solche anbietet ist ein Gaukler oder gar ein Betrüger. Vielleicht hat dieser Antwortversuch etwas mit der Frage zu tun: Wir gehen um zu gehen und um dabei Verantwortung zu übernehmen. Jeder muss sich seine Antwort selbst geben. Oder vielleicht besser: wir stellen einfach diese Frage nicht, dann ist auch eine Antwort überflüssig.
 

Quellenangabe/Erläuterungen
(1) Siddhattha, aus dem Geschlecht der Gotama, war Sohn eines regierenden indischen Sakyer-Fürsten und lebte im 6. Jahrhundert vor Christi Geburt. Mit 29 Jahren tauschte er sein luxuriöses Leben gegen eine Bettelmöchs-Kutte ein und ging auf Wanderschaft. Sechs Jahre dauerte seine Suche nach den gültigen Wahrheiten dieser Welt. In dieser Zeit lernte er alle verschiedenen Arten des Mönchseins und alle damaligen Lehren kennen. Zu keiner konnte er sich bekennen, besonders nicht zum Asketentum vieler Glaubensverkünder. Nach diesen sechs Jahren, er saß gerade unter einem Baum, ereignete sich das, was man „Erleuchtung“ nennt: Die Erkenntnis der tatsächlichen Realität stellte sich auf einen Schlag ein. So nannte man ihn „Buddha“, auf deutsch „der Erwachte“ oder „der Erleuchtete“
Siddhattha war so stark vom universellen Geist durchdrungen, dass er die tatsächliche Realität des Lebens und Sterbens unseres Raum-Zeit-Systems erkannte. Diese Lehre von der Wirklichkeit des Seins, dieses durch und durch logische System, das auf klarer Erkenntnis basiert, lehrte nun Siddhattha 45 Jahre lang.
Diese Lehre ist keine Religion welche ein Gott oder ein abgesandter Gottes den Menschen offenbart – die dann jene Offenbarung glauben müssen. Die buddhistische Lehre ist eine Analyse der Wirklichkeit – und daraus folgend eine Sittenlehre, die den Weg zur Befreiung des Menschen aus seinem Leid aufzeigt. Buddha war auch kein Prophet Gottes, denn in der buddhistischen Logik ist kein Platz für die Vorstellung eines Gottes im monotheistischen Sinne. Um das eigene, persönliche Glück zu finden, muss man sich vom Leiden befreien, heißt die schlichte Formel Buddhas. Und um dies zu erreichen, gibt es vier Wahrheiten, die der Suchende erkennen muss. Nach ihrem Erkennen gilt es diese Wahrheiten in eigenes Handeln umzusetzen.
Ab diesem Kapitel beziehe ich die Lehre Buddhas in meine Aussagen verstärkt mit ein. Ich versuche sie auf ihre Grundstruktur zu reduzieren, auf ihre Kernaussage – mit verstehbarem Kontext. Ich stütze mich auf den deutschen Text des ehrwürdigen Nyanaponika mit seiner Pali-Übersetzung aus der „Sutta-Pitaka“, der ältesten Buddhaüberlieferung. Aber auch bei ihm, wie bei allen Übersetzungen, ist die Sprache für den Leser, der sich nicht sehr konkret mit dem Buddhismus auseinandersetzt, recht unverständlich und verwirrend. Es gilt, die zeitlosen Inhalte in unsere Sprache, in unsere Denkschemata, in unsere Gefühlsinhalte und – möglichkeiten zu transformieren.
Sittliches Handeln ist als Prinzip über die Zeiten unveränderbar – und trotzdem gibt es Veränderungen in der Sichtweise von bestimmtem Verhalten. Die für Buddha so wichtigen Leichenbetrachtungen zum Beispiel sind heute nicht mehr durchführbar. Es werden eben bei uns heute keine Leute mehr aufgeknüpft, auch gibt es keine Leichenplätze vor den Städten, an denen man die Vergänglichkeit alles Lebens so handfest, auch von Geruchssinne her, studieren könnte.
Dogmatismus war Buddha zuwider und ich bin mit dem ehrwürdigen Nyanaponika einer Meinung, dass man heute, wenn man diese Lehre zu seiner Richtschnur macht, nicht bedingungslos alles „nachglauben“ muss, was in über zweitausend Jahren geschrieben wurde.
Das ist ja das Erfrischende am Buddhismus, dass er keine Offenbarung Gottes ist, sondern ein logischer Weg, den zu gehen es sich lohnt, wenn man die Erkenntnis der tatsächlichen Realitäten für sein eigenes Leben zulassen kann. Das kosmische Gesetz, dass alle die Qualitäten, die ich lebe und aussende, wieder auf mich zurückfallen, gilt eben auch für diese Sittenregeln, die ich so einhalten sollte, wie ich sie, durch meine innere Moral bedingt, vertreten kann.

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