Der achtfache Pfad des Buddha – das Ende des Leids

„Die Dritte Wahrheit“ des Buddha verkündet das Erlöschen meines Leids, weil ich die tatsächlichen Realitäten nicht nur erkenne, sondern mich einfüge in den Kommen- und Vergehen-Tanz des Lebens. Das heißt auch, dass ich das Haben-Wollen, die Gier in allen ihren Formen, überwunden habe. Ich halte nicht mehr fest und lasse los, was sich sowieso niemals halten lässt. Ich habe den Hass in mir, auch in seinen feinen und zynischen Formen, erlöst und sehe die Realität des Daseins unverschleiert. Ich ertrage das, was ist, – so wie es ist -, ohne Flucht in Rauschmittel, auch nicht in geistige (so mancher, der sich mit seiner „heiligen“ Überheblichkeit über die niedrigen, nichtspirituellen Menschen berauscht, merkt nicht, dass er tiefer steht als jene, die er zu missionieren versucht). 

Ich muss, um das Ende des Leids erfahren zu können, in jenen Bereich vorstoßen, der vor der dreidimensionalen Manifestation liegt, in jenes Gebiet des Ungeborenen, des Ungeschaffenen, dort wo die Stille, die Leere ihre Wohnstatt haben. Buddha sagt es so:

“Es gibt, ihr Jünger, ein Gebiet,
wo weder Erde ist noch Wasser,
noch Feuer, noch Wind,
weder das Raumunendlichkeitsgebiet,
noch das Bewusstseinsunendlichkeitsgebiet,
noch das Nichtsheitgebiet,
noch das Gebiet der Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung,
weder diese Welt noch jene Welt,
weder Sonne noch Mond:
dies eben ist das Ende des Leidens.” (1)

Der Achtfache Pfad

Die Vierte Wahrheit Buddhas ist seine Anleitung zur Erlöschung des Leidens, die er als acht Stufen darstellt, die natürlich nicht linear verlaufen in dem Sinne, dass man eine nach der anderen „abarbeiten” könnte. Sie vermischen sich alle miteinander und ist man scheinbar am Ende angekommen, beginnt alles wieder von neuem, allerdings auf einer höheren Ebene.

Buddha nennt diesen Pfad den mittleren, weil er zwischen den Extremen der Völlerei und dem Asketentum verläuft. Was viele nicht wissen: Buddha lehnt die weltverneinende Askese definitiv ab, ja er macht sich sogar lustig über jene Menschen, die in der Verneinung ihrer Körperlichkeit immer wieder neue Kasteiungen und neue Gurus suchen, welche scheinbar das erlösende Wissen besitzen.

Um den Körper in seiner vorgesehenen Funktion optimal zu erhalten, ist es unabdingbar, genau zu überlegen, was man in ihn hineintut. Zur Buddhazeit war das recht einfach: etwas Reis, Getreide, Obst und Gemüse, eben was der Körper zu seiner gesunden Erhaltung benötigte. Heute sind wir da einer riesengroßen Konsumfalle ausgesetzt, die uns vorgaukelt, alles was da an Essbarem auf uns zufliegt, könnten wir zu unserem Wohle verzehren – wir müssten nur, den Anbietern vertrauend, den Mund weit genug öffnen. Das Beschäftigen damit, dass man uns heute in jedem Supermarkt – und nicht nur dort – Bio-Müll als Lebens-Mittel verkaufen will, nimmt einen enorm wichtigen Raum ein und führt direkt auf dem Pfad zur ersten Stufe, zur „Rechten Erkenntnis”.

1. Stufe: Rechte Erkenntnis

Rechtes Erkennen heißt ganz einfach, der tatsächlichen Wirklichkeit hinter den vordergründigen Erscheinung nachzuspüren und mit ihr in Resonanz zu treten. Illusionäres Wahrnehmen wird in alten Schriften „Verblendung” oder „Wahn” genannt. Heute heißt dieses Verhalten „ignorant”, wenn scheinbar gebildete Menschen mit jenem bekannten Brett vor dem Kopf durch das Leben gehen. Beim einfachen Menschen, oder, wie es Pir Vilayat formuliert, bei Menschen „mit Gedanken mittlerer Reichweite” ist es Dummheit.

Jene Dummheit, die zum Beispiel fest an dem materiellen Weltbild festklammert, obwohl es die Physikwissenschaft schon längst überwunden hat, geht hinauf bis in die höchst „gebildeten” Mitmenschen unserer westlichen Kulturen. Ist es in den unteren Schichten noch die Dumpfheit, das unbewusste Dahinleben, das regiert, so ist es bis in die führenden Schichten unserer Völker die Gefühllosigkeit, die Abgestumpftheit gegenüber dem Neuen und dem Anderen – oft als Angstreaktion zur Verteidigung der eigenen, einmal eingenommenen Position. „Verantwortungslose Unwissenheit” könnte man jene Dummheit auf hohem Niveau ebenfalls nennen, denn handelte man verantwortlich, würde sich die Unwissenheit aus sich selbst heraus überwinden.

Illusionäres Wahrnehmen ist die primäre Wurzel buchstäblich allen Übels! Auf der Basis falsch erkannter Wirklichkeit entstehen alle Beschuldigungen, alle Rechtsstreitereien, alle Übervorteilungen oder Benachteiligungen, alle hasserfüllten Auseinandersetzungen, bis hin zum Krieg und zum Völkermord im Namen Gottes oder der Gerechtigkeit.

Aber auch die Opferrolle, die viele Menschen einnehmen, hat den gleichen Ursprung: Ich jammere und beklage dies und beklage das und suche einen Schuldigen für dies und einen für das. Und finde ich keinen aus Fleisch und Blut, dann ist die Regierung schuld, die Gesellschaft oder gar das Leben, was immer dies auch sei. Die Opferrolle hat äußerst angenehme Seiten: ich brauche keine Verantwortung zu übernehmen, ich kann beklagen ohne Ende oder ich habe für alles bessere Ideen, die ich nicht zu verwirklichen brauche.

Ich kann sogar tatenlos bis zur Selbstzerstörung bleiben, wenn ich mich in Süchte oder in Krankheiten flüchte. Letzteres ist ein Weg, den sehr viele Menschen gehen ohne dass sie selbst oder ihre Umgebung realisieren, dass die unerkannte Ursache illusionäre Wirklichkeits-Wahrnehmung ist.

Illusionäres Wahrnehmen (“Wahn”) hat als Partner entweder die Gier oder den Hass. Hass offen zu zeigen ist in unserer Gesellschaft des Leisetretens verpönt, ja viele Zeitgenossen realisieren nicht einmal, dass ihr Gefühlskörper von jener sich selbst verzehrenden Gewalt durchdrungen ist. Die Hassform Aggression ist gesellschaftsfähig geworden. Und nicht nur das: in dieser abgemilderten Form, verbunden mit unbewusst-gierigen Anteilen, werde ich zum Gewinner im großen Haifischbecken Erfolgsgesellschaft.

Natürlich muss ich da die Aggression taktisch klug einsetzen mit dem Ziel, mein Ego und mein Bankkonto zu erweitern. Jene explosiv-illusionäre Mischung, die nicht mehr die Vernichtung des Anderen predigt, sondern lautlos seine Unterwerfung betreibt, hat die westlichen Gesellschaften dorthin gebracht wo sie heute stehen. Das „Gleich-fress-ich-dich-Grinsen” mancher Tatmenschen ist bereits eine Manifestation der Gesichtsmuskulatur, die den innewohnenden Geist spiegelt.

Der Prozess der Trennung, der separatio, wie ihn die Alchimisten so klar beschreiben, hat einen entwicklungsgeschichtlichen Extrempunkt erreicht. Das kollektiv-unbewusste Zerstörungspotential, besonders im Menschen der jüdisch-christlichen Tradition, muss erlöst werden!

Auch die Gier in allen ihren Formen des Anhäufens, des Übervorteilens anderer Menschen, bis hin zum Ruinieren von Partnern, dem Einverleiben von Firmen oder gar Ländern, basiert auf Verblendung.

Gier kennt viele Verstellungen, die zu durchschauen oft ein sehr geübtes Auge benötigt, da Gier oft liebenswert und einnehmend daherkommt. Der Wolfskörper hinter den Samtpfötchen kann tief verborgen sein.

Die Gier nach Macht über andere ist ebenfalls besonders trickreich, da sie sich hinter den schönsten Fassaden von Helfertum und scheinbarer Selbstlosigkeit tarnen kann.

Nichts, was auf irrealer Grundlage geschieht hat Bestand. Würde man die Menschheitsgeschichte so lesen können, wie sie die Nicht-Herrschenden geschrieben hätten, dann wäre die Geschichte der Herrschenden eine vieltausendfache Bestätigung jener Weitsicht Buddhas. Ganz schlicht gibt dieser uns seine Wegweisung:
„Gierlosigkeit (Uneigennützigkeit) ist eine Wurzel des karmisch Heilsamen, Hasslosigkeit (Güte) ist eine Wurzel des karmisch Heilsamen, Unverblendung (Einsicht, Weisheit) ist eine Wurzel des karmisch Heilsamen. (…) In dieser Hinsicht mag man wahrlich mit Recht von mir behaupten, dass ich die Vernichtung lehre, zum Zwecke der Vernichtung die Lehre darlege und dass ich darin meine Jünger unterweise. Ich lehre nämlich die Vernichtung, und zwar die Vernichtung von Gier, Hass und Verblendung.”(2)

Ein solchermaßen geführtes Leben hat – was nicht zu unterschätzen ist – beachtliche Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlergehen.

Buddha sagt dazu:

Gierlosigkeit

  • ist eine Bedingung für Gesundheit, weil einer, der nicht begehrlich ist, sich kaum auf Unzuträgliches einlassen wird, selbst wenn es sehr verlockend ist; deswegen bleibt er gesund.
  • ist eine Bedingung für den Segen des Wohlstandes, weil einer, der nicht begehrlich ist, durch seine Freigiebigkeit Wohlstand erreichen wird.

Hasslosigkeit

  • ist eine Bedingung für Jugendlichkeit, weil einer, der frei von Hass ist, nicht von den Flammen des Hasses verzehrt wird, wodurch Runzeln und graue Haare entstehen; so bleibt er für lange Zeit jugendlich.
  • ist eine Bedingung für den Segen der Freundschaft, weil man durch Liebenswürdigkeit Freunde gewinnen und nicht verlieren wird.

Unverblendung

  • ist eine Bedingung für Langlebigkeit, wird doch einer, der unverblendet ist, wissen, was zuträglich und was schädigend ist, und durch Vermeiden des Schädlichen sowie durch Pflege des Zuträglichen wird er ein langes Leben haben.
  • ist eine Bedingung für den Segen der Selbstentwicklung, weil einer, der unverblendet ist und nur Heilsames wirkt, sich selbst vollkommnen wird.”

2. Stufe: Rechte Gesinnung

Hat man nun bei sich das Anti-Illusions-Programm in Gang gesetzt, dann bleibt dies ein ständiger Begleiter auf dem Pfad. Manches, das so einleuchtend daherkommt, ist letztendlich doch nur die Verpackung und nicht der tatsächliche Inhalt. Auch so manches, das sich spirituell dünkt oder darstellt ist nichts wie eine Ego-Blase. „Rechte Gesinnung”, also die Bildung und Festigung ethischer Normen auf der Basis des rechten Erkennens, ist die logische Folge von Wirklichkeitserkenntnis. „Rechte Gesinnung” gedeiht auf bewussten Akten der Unterscheidung, eine der wichtigsten Eigenschaften auf unserem spirituellen
Weg.

Wenn ich das sehe, was durchscheint durch das, was erscheint – materiell, geistig und emotional – dann kann ich meine Lebensregeln neu ordnen, meine Wahrheit neu definieren und die für mich gültige Ethik festzurren.

Buddha empfiehlt, dem Geist, so oft dies möglich ist, ein Ziel aus dem Katalog der neuen Qualitäten zu formulieren, damit das Umherflattern der unseligen Gedanken ein Ende hat. Er nennt dies „Zielbewusstsein des Geistes” und koppelt daran die Kommunikation („sprachliche Tätigkeit”), jene Ebene der Verbalisierung, die sich jetzt ebenfalls nach den neuen Normen ausrichtet.

Zur Beschreibung von „rechter Gesinnung” nennt Buddha die Begriffe „edel” und „triebfrei”. Das Überwinden von unbewusstem, triebhaftem Handeln – bzw. das Erkennen und Integrieren der eigenen Triebnatur – ist notwendigerweise die Voraussetzung, um zu der Stufe dieser neuen ethischen Normen zu gelangen.

3. Stufe: Rechte Rede

Die neuen Normen, die ich für mich als gültig erkannt habe, gilt es nun umzusetzen. Die Gedanken verlassen „durch das Tor des Mundes” meinen Körper und wandeln sich dadurch nicht nur physikalisch um; sie werden zu einer festen, unumstößlichen Qualität. Was durch dieses Tor geht ist bereits eine Tat. Nichts, was gesagt ist, kann jemals zurückgenommen werden. Ich kann es erklären, entschuldigen, interpretieren, mit vielen weiteren Worten in sein Gegenteil verkehren, aber es ist gesagt – so und nicht anders.

Aus der christlichen Tradition könnte man Buddhas „Rechte Rede” übersetzen mit: „Deine Worte seien ja, ja oder nein, nein”.

Die Sache ist (fast) ganz einfach: Ich sage nur das, was ich für mich als richtig erachte und was ich für meine Wahrheit erkannt habe, ohne damit einen anderen Menschen zu verletzen. Ich entziehe mich der gewöhnlichen Kommunikation, deren Kennzeichen Plattheit und Falschheit ist, indem ich mich nicht mehr in diese hineinverwickeln lasse.

Um einem anderen Menschen mit meinen vielleicht ungebetenen Erkenntnissen nicht zu nahe zu treten muss ich das Schweigen üben, das Nicht-Einmischen, das einfach Still-Sein, auch wenn mir die passende Antwort auf der Zunge brennt, auch wenn ich sicher bin, zur Lösung des Problems beitragen zu können.

Dass ich keine Unwahrheiten weitergebe, um mein Tun zu verschleiern oder um den Anderen zu manipulieren, darüber muss wohl nicht gesprochen werden. Auch nicht über jene gern geübte Praxis, einen Sachverhalt solchermaßen leicht verschoben darzustellen, damit die von mir gewünschte Wirkung entsteht.

Eine andere weit verbreitete Technik zeigt den Sprechenden abgehoben von den Niederungen der Welt: “Hört ihr Zuhörer, ich bin der Gute, der Intelligente, der Brave, der Gedemütigte, der Wissende, das Opfer usw. “

Diese Kommunikations-“Qualitäten” werden in ihrer verschärften Form zur Intrige, zur „Zwischenträgerei”, wie Buddha sagt. Hier werden Begriffe, Tatsachen und Handlungen zu einem mir dienlichen Zweck so verschoben, dass meine verdrehte Botschaft für den Adressaten glaubwürdig ist. Dessen Reaktion nun festigt und verstärkt meine Zielrichtung. Der „Schneeball” ist auf den Weg gebracht. Die Folge der Intrige kann nicht nur den einzelnen Menschen zerstören, sie kann, wenn sie lawinenartig anschwillt, ganze Gesellschaften zum Abgrund führen.

Aber schon achtloses oder verächtliches Reden – „nur so” – setzt erhebliche Mengen negativer Energien frei. Ich erinnere mich da immer noch an meine Kindheit, als ich auf dem Bauernhof meines Onkels voller Glück die Gesellschaft der jungen Schweine und der Kälbchen suchte. Die Familie war durchdrungen von pietistischer Frömmigkeit, die man durch laute Gebete und hauseigene Bibelstunden kundtat. Aber wenn von meinen geliebten Tieren die Rede war, sprach man von „Vieh” oder gar „Viehzeug”. Damals wusste ich noch nicht, was mich da irritierte, heute beobachte ich dieses sprachliche Erniedrigen bei vielen Menschen. Muss ich die Wesen um mich als minderwertig qualifizieren, damit meine Wertigkeit erhöht wird? Nein!

Natürlich kann ich nicht immer die Wahrheit sagen – es gibt Situationen die dies geradezu verbieten! Es gibt jedoch zum Glück ein inneres Maß, an dem ich meine Rede beurteilen kann: meine persönliche Wahrhaftigkeit. Sie ist in mir angelegt, seit Urzeiten in mir vorhanden und unerschütterlich wie ein Fels. Diese kann ich in allen schwierigen Situationen herbeirufen, damit sie zur Richtschnur für jede Rede wird, die meinen Mund verlässt, so wie Buddha dies wohl gemeint hat: „Wenn etwas schmerzhaft ist und wahr, behalte es für dich. Wenn etwas angenehm und unwahr ist, behalte es für dich. Wenn etwas hilfreich und wahr ist, dann finde den richtigen Zeitpunkt, um es zu sagen.”

Interessant erscheint mir, dass Buddha das „leere Geschwätz” auf die gleiche Ebene stellt wie die Lüge und die Intrige. Dies zeigt uns, dass dieses uns so bekannte Phänomen schon vor 2.500 Jahren wohl sehr bekannt war.

Lippenbekenntnisse zu allen möglichen Wahrheiten gehören auch hierher, bei denen der wirkliche Gehalt nicht durch das Plappern hindurchdringt. Übersetzt könnte man dieses „leere Geschwätz” heute „small talk” nennen, wenn die harmlos-freundliche Variante gemeint ist, zum Beispiel in Situationen, in denen man aus Verlegenheit nicht so recht weiß, was man sagen soll.

Es gibt aber auch Menschen die ständig in Worthülsen reden, weil sie die Worte generell zum Verschleiern ihrer Identität oder ihrer Motivationen benutzen, Menschen, die in ständigen Zynismen reden und diese als „Scherze” verpacken oder Menschen die einfach ohne Punkt und Komma dauerreden.

Es kann zu stundenlanger, „angeregter” Kommunikation kommen, die eben nichts anderes ist als ein kollektives, leeres Geschwätz, bei dem in der Regel keiner dem anderen zuhört. Noch etwas scheint bei vielen Dauerrednern der traurige Hintergrund zu sein: Schweigen ist für sie ein Synonym für Verlassenheit, Alleinsein und hochkeimende Angst. Ihr Herz schreit nach Zuwendung, doch erreichen sie mit ihren Wortkaskaden genau das Gegenteil: niemand hört ihnen zu, niemand nimmt sie ernst. Ist kein Mensch zum Anreden greifbar, dann muss wenigstens im Radio Musik dudeln oder der Fernseher laufen.

4. Stufe: Rechtes Tun

Die vierte Stufe auf dem Pfad der Erkenntnis ist die logische Weiterentwicklung der ersten drei, denn alles Wissen und Erkennen ist absolut wertlos, mündet es nicht in entsprechendes Handeln. Das angelernte, lexikalische Wissens, das in imaginären höheren Sphären schwebt und nichts mit meiner Lebensgestaltung zu tun hat ist kein Wissen, sondern schlicht Nachsagerei, die sich in Ignoranz bettet.

Gerade Intellektuelle sind mit jener Kopfkrankheit geplagt, die bedeutungsschwangeres Leergerede in dem Sinne produziert, als all das Gesagte ohne jede wirkliche Lebensbedeutung ist. Es ist sinnlos, mit solch wissensgefüllten Menschen zu diskutieren, da ihr Weltbild zum festgefügten Lebensgerüst geworden ist, das nicht ins Wanken kommen darf. Dogmatismus existiert eben nicht nur in seiner plumpen Form, wie wir ihn von Religionen oder Massenvereinigungen kennen.

„Rechtes Tun” ist die Umsetzung meiner inneren Ethik in Handeln. Dieses ist verantwortungsbewusst gegen mich selbst und gegenüber allen Wesen die mir begegnen und die mir nicht begegnen. Aus diesem Grund entzieht sich mein rechtes Tun einer weiteren, gar ausführlichen Beschreibung: ich benötige keine von außen kommenden Handlungsgebote! Ich handele auf meiner ethischen Grundlage wirklichkeitsbewusst und übernehme die volle Verantwortung für mich selbst.

Der Übergang vom Wissen über rechtes Tun zum tatsächlichen Umsetzen dieses Wissens in mein Handeln kann schmerzhaft sein, weil festgefahrene Charakterstrukturen aufbrechen und alte, liebgewordenen Gewohnheiten plötzlich hinderlich sind. Hier muss ich für die Übergangszeit meinen unbeugsamen Willen einsetzen und alles das, was die 6. Stufe die „Rechte Anstrengung” beschreibt.

Es gilt jedoch das unumstößliche kosmische Gesetz: „Wie im Innen so im Außen”: Meine innere Wandlung wird sich im Außen wiederspiegeln. Und nicht nur das, mein Innen erschafft und zieht das herbei, was mir dann als Außen begegnet. Dabei geschieht mein Handeln aus sich selbst heraus, das heißt es wird selbstverständlich und leicht. Keine Mühsal mehr, kein schweres Tragen meiner und der anderen Last; meine Rolle als Lastenträger oder gar als Esel, der alles Mögliche mit sich schleppt, ist vorbei. Aber auch die Rolle desjenigen ist beendet, der die Menschen um sich mit seinem Kram und dem
der „Welt” voll packt und/oder der hämisch dabei zusieht, wie die anderen sich abschleppen.

Und noch etwas: Handeln kann heißen, dass ich zusehe, dass ich nicht eingreife, dass ich still und ruhig bleibe, dass ich mich abwende und nicht einmische. Das Lauschen auf das Kommen und Gehen des Atems, auf das Summen der Bienen, auf das Raunen des Windes oder auf das Schlagen des eigenen Herzens kann höchstes Handeln bedeuten – wenn ich mich damit an das göttliche Feld meiner Verursachung ankopple und mit jenem Wesen eins werde, von dem ich ein kleiner, scheinbar individueller Teil bin.

5. Stufe: Rechter Lebensunterhalt

Es ist außer Frage, dass ich meinen Lebensunterhalt so verdiene, dass er in meinem rechten Tun aufgeht; Erkenntnis ist nicht teilbar. Ich kann nicht Transportsicherungen für Landminen konstruieren und mich darauf berufen, dass meine Ingenieursleistung nichts mit den Verstümmelungen der Menschen zu tun hat, welche auf die Mine treten.

Buddha sagt dazu: „Fünf Arten des Handels sollte der Anhänger vermeiden: Handel mit Waffen, lebenden Wesen, Fleisch, berauschenden Getränken und Gift”(4). Auch der unredlichen Gewinnmaximierung widerspricht Buddha: „Betrügen, Beschwatzen, Andeutungen machen, andere anschwärzen und nach immer mehr Gewinn suchen: solches gilt als verkehrte Art des Lebensunterhaltes.”(5)

6. Stufe: Rechte Anstrengung

Ab dieser Stufe gelangen wir nun (nach der ethischen Grundlage und dem entsprechenden Handeln) zur mentalen Festigung und Verankerung, die Buddha „Sammlung” nannte. Diese endet dann in der achten Stufe im „Samàdhi”, jenem Zustand, der „hinter” oder „über” unserem normalen Bewusstsein liegt.

Meister Eckhart nennt „Unwissen” als Voraussetzung, um diese Stufe zu erlangen. Dieses „Unwissen” ist sozusagen ein Über-Wissen, ein Metawissen, das über dem verborgen liegt, was wir Wissen nennen. Er drückt dies so aus: „Das Wissen aber soll sich formen zu einer Überform, und dies Unwissen soll nicht vom Nichtwissen kommen, vielmehr: Vom Wissen soll man in ein Unwissen kommen. Dann sollen wir wissend werden des göttlichen Unwissens, und dann wird unser Unwissen geadelt und geziert mit dem übernatürlichen Wissen. Und hier, wo wir uns empfangend verhalten, sind wir vollkommener, als wenn wir wirkten.”(6)

Es ist eine Stufe, in welcher ich die hoch geschärfte Denkfähigkeit meines Gehirns bewusst ausblende; im Sinne unserer intellektuellen Vorstellung ein unbewusster Zustand. Samädhi ist die denkbar höchste Stufe der Versenkung. Bei den Sufis ist Samàdhi die Stufe, in welcher das Göttliche im Menschen voll erwacht ist: ich bin zu einem Teil Gottes geworden.

In der rechten Anstrengung gilt es als erstes den Willen zu stärken, damit negative Dinge nicht in das Bewusstsein steigen. Es wird nicht gewartet bis der negative Gedanke vorhanden ist, denn er ist noch nicht „aufgestiegen” – es geht darum, ihn am Entstehen zu hindern!: Buddha sagt: „Da erzeugt der Mönch in sich den Willen, nicht aufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen zu lassen; und er kämpft darum, bietet seine Kraft auf, strengt seinen Willen an und müht sich.”(7)

Ist ein schlechter Gedanke jedoch schon im Bewusstsein, dann gilt es, diesen zu überwinden. Buddha sagt: „Da lässt der Mönch einen aufgestiegenen Gedanken der Begierde, des Hasses, der Grausamkeit nicht Fuß fassen, lässt die immer wieder
aufsteigenden üblen, unheilsamen Dinge nicht Fuß fassen, überwindet, vertreibt, vernichtet sie, bringt sie zum Schwinden.”(8)

Negative Gedanken tummeln sich endlos in unserem Gehirn. Einer reiht sich an den anderen. Dies sind in der Regel keine Gedanken im Sinne einer kriminellen Planung, es sind Gedanken der Sorge, in welchen negative Situationen vorausgedacht werden, Gedanken des Zurechtrückens der Vergangenheit, in welchen negatives Handeln schöngedacht wird, Gedanken des Haben-Wollens, Wunsch-Traumgedanken der Illusionen und so viele mehr. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie halten mich von der tatsächlichen Realität ab, von der Sicht, die Dinge so zu sehen wie sie sind. Und sie halten mich davon ab, die Dinge zu mir sprechen zu lassen so wie sie sind.

Buddha zeigt fünf Methoden auf, um diese Gedanken-Plagegeister loszuwerden:

  • Identifiziere ich einen negativen Gedanken, dann suche ich sein Gegenteil und ersetze den negativen durch diesen entgegengesetzten Gedanken. Diese direkte Gegenwehr sollte dauerhaft in solches Handeln münden, welches dem Ursprungsgedanken entgegengesetzt ist. Somit wird sich dann jene unerwünschte Gedankenart allmählich verabschieden.
  • Identifiziere ich einen negativen Gedanken, dann mobilisiere ich meine Abscheu von diesen Gedanken, weil ich mich weigere, meinen Geist dadurch beschmutzen zu lassen. Meine Abscheureaktion versetzt dem Eindringling sozusagen einen Stoß, nach welchem ich sofort zur Methode eins wechseln kann. Diese zweite Methode des Abscheus ist besonders hilfreich, wenn ich mit meiner Konzentration z.B. beruflich durch Verhandlungen usw. stark eingebunden bin und mir momentan keine Zeit zur Verfügung steht, um der Sache weiter nachzugehen.
  • Identifiziere ich einen negativen Gedanken, dann versuche ich diesen zu ignorieren, indem ich meine Gedankenrichtung direkt ändere (wenn ich Negatives sehen muss schließe ich z. B meine Augen oder schaue in eine andere Richtung; ich kann das Zuhören abschalten, wenn mir jemand Negatives erzählt usw.).
  • Identifiziere ich einen negativen Gedanken, dann versuche ich den Grund seiner Entstehung aufzuspüren. Der ehrwürdige Nyanaponika Mahathera schreibt in seinem Kommentar zu diesem Punkt, dass es hier „um das Nachspüren, Zurückverfolgen unheilsamer Gedanken (geht), bis zu den Gedanken oder Situationen, die ihre Entstehung verursacht oder angeregt haben, sowie der nachfolgende Versuch, diese Gedankenquelle im Geist versiegen zu lassen, das heißt die Ursprungs-Situation oder -Idee zu bewältigen.”(9)

Diese letzte Methode ist dann anzuwenden, wenn alle genannten nicht nutzen. Hier zwingt mein Wille mit aller Gewaltanstrengung die nicht gewollten Gedanken nieder, besonders, wenn die Gedanken kurz vor der Handlungsschwelle stehen. Wer in einer solchen Situation steht, so sagt Buddha, der „soll, die Zähne aufeinander beißend und die Zunge gegen den Gaumen gepresst, die Gedanken mit seinem Geiste niederzwingen, unterdrücken und überwältigen.”(10)

In dieser sechsten Stufe des achtfachen Pfades ist jener Friede verborgen, den wir alle so ersehnen. Der Weltfriede beginnt bei mir, indem ich meine Gedanken kontrolliere und lenke. Es geht darum, den Geist meiner Gedanken zu erkennen, ihn dann zu formen, um ihn dann zu befreien.

Ist das nicht eine wunderbare Nachricht: Ich kann endlich denken was ich will! Ich denke nicht mehr was andere wollen dass ich denke, was meine Erfahrungen wollen, was meine Zukunftsvorstellungen wollen, was meine gesammelte Haben-Wollen-Traumtänzerei mir einflüstert, nein; ich schalte alle diese unsinnigen Denkereien ab.

Natürlich sagt niemand, dass dies einfach wäre oder gar schnell ginge – aber Schrittchen für Schrittchen schaffe ich dies, wenn mir dieser gesammelte Denkschutt erst einmal als solcher bewusst geworden ist.

Hier wird besonders deutlich was es heißt, Abstand zur Handlungsebene des Lebens herzustellen. Dies gelingt erst, wenn ich einen Abstand zu meiner Denkebene gewinnen kann, wenn ich mich als Selbst neben das Denken meines Ichs stellen kann, um dieses zu beurteilen und dann zu lenken; die Auflösung des Egos geht Hand in Hand mit dem Versiegen der unsinnigen Gedanken.

7. Stufe: Rechte Achtsamkeit

In dieser siebten Stufe gelangt Buddha zu dem Kernpunkt seiner Lehre, den man auch als „Bewusstseinsklarheit” übersetzen könnte. Es ist dies eine Anleitung zur Wirklichkeitsergründung, zur Wirklichkeitserkenntnis, die sich allmählich von Fehlerquellen reinigt und am Ende jede illusionäre Sichtweise ausschließt. Es ist dies eine Analyse dessen was in mir und um mich geschieht, ohne jede Qualifizierung, Bewertung oder Kommentierung.

Allein nicht entstellte Wirklichkeitsbilder können eine verlässliche Grundlage meines Lebens hier auf diesem Planeten sein.

Die Technik dazu heißt: „Reines Beobachten” und verschafft mir eine innere Freiheit dem Objekt gegenüber, weil ich mich rein aufnehmend verhalte, „ohne mit dem Gefühl, dem Willen oder Denken bewertend Stellung zu nehmen und ohne durch Handeln auf das Objekt einzuwirken.”(11)

Ich erschaffe mir somit mit der Zeit eine innere Freiheit allem gegenüber was mir begegnet, seien es materielle oder geistige Dinge. Insbesondere in der Begegnung mit anderen Menschen bewerte ich nicht – weder ihre Erscheinung noch das was verbal oder nonverbal von sich geben: eine wahrhafte Meisterleistung wem dies gelingt! Buddha sagt dazu klar: „Das Gesehene soll lediglich ein Gesehenes sein, das Gehörte lediglich ein Gehörtes, das durch die anderen drei Körpersinne Empfundene lediglich ein Empfundenes, das Erkannte lediglich ein Erkanntes.”(12)

Das Reine Beobachten, das allein auf das Hier und Jetzt gerichtet ist, macht in meinem Kopf Schluss mit den unnötigen Vergangenheits- oder Zukunftsgedanken und ordnet mein verworrenes Gedankenhaus, das leicht zu einem Gedanken-Schuttberg anwachsen kann. Allein das Registrieren und Bewerten der Gedanken wenn sie auftauchen („ein idiotischer Gedanke – weg damit”, „ein gieriger Gedanke – weg damit”, „ein aggressiver Gedanke – weg damit”) hat große befreiende Wirkung: „Der durch das Reine Beobachten gewonnene Abstand von den Dingen und auch von uns selber zeigt uns in der eigenen Erfahrung die Möglichkeit und das Glück völliger Loslösung. Es verleiht uns die Zuversicht, dass durch zeitweises Beiseitetreten zum völligen hinaustreten aus dieser Leidenswelt werden kann. Es gibt ein Vorgefühl oder doch eine Ahnung jener höchsten Freiheit, der ‘Heiligkeit bei Lebzeiten’, die gekennzeichnet wurde mit den Worten: ,In der Welt, doch nicht von der Welt”.(13)

Objekte meiner Achtsamkeit sind

  • mein materieller Körper

Hier ist das bewusste Atmen von größter Bedeutung, denn wenn ich den Atem-Rhythmus herunterschraube, beruhige und vertiefe ich meinen gesamtes Leben. Nach der körperlichen Beruhigung kommt die des Geistes, welche zur meditativen Vertiefung führt. Ziel ist das tiefe Eintauchen in den Alpha-Gehirnwellen-Bereich zwischen 12 Hertz und 8 Hertz. Am Idealsten ist das Erreichen der Schumann-Frequenz von 7.83 Hz, benannt nach dem deutschen Physiker und Elektroingenieur Winfried Otto Schumann. Kann ich mein Gehirn auf diese Frequenz einstimmen, dann komme ich in tiefe Resonanz mit unserem Planeten, trete in den „leeren Zustand des Unwissens” ein und kann irgendwann das erreichen, was bereits mit Samàdhi beschrieben wurde.

Um meinen körperlichen Zustand insgesamt zu analysieren, gilt es meine Körperhaltungen und alle Bewegungsabläufe zu beobachten. Ich werde dabei zuerst bei anderen Menschen, dann bei mir selbst Erstaunliches feststellen: Der Körper ist ein
Spiegel der Seele. Alles, was der Seele an Einkerkerung widerfährt, bildet sich am und im Körper ab. Zuerst sehe ich da vielleicht die verspannten, gebeugten Rücken, dann die leblosen, bewegungslosen Augen. Es folgen die starren Gesichtsmuskeln, welche das einmal schön anzusehende Gesicht verhärten bis verzerren. Dann sehe ich (vielleicht zum ersten Mal) das Ausmaß der Verfettung vieler Mitmenschen; besonders Frauen verlieren geradezu ihre Gehfähigkeit und humpeln von links nach rechts, weil die Schenkelausformungen ein normales Gehen verhindern. Ich sehe das schleppende Gehen, bei dem geradezu lebensmüde die Beine nachgezogen werden und die roten Köpfe, welche den Alkoholismus oder den Bluthochdruck anzeigen. Um mich herum sehe ich tausendfaches Leid, eingebrannt in die Körper; und da muss ich mich nun fragen: was ist mit meiner Seele? Welche Qualitäten spiegelt mein Körper?

Und dann erreicht mich vielleicht die Erkenntnis, dass den Erkrankungen innerhalb meines Körpers die gleichen Verursachung wie die der äußeren Deformationen zu Grunde liegt: die Einkerkerung der Seele! Krankheit ist demnach nicht etwas, was ich von einem nebulösen Verursacher „bekomme” (es sei denn ich setze mich z.B. Gammastrahlung aus oder ich esse ständig BioMüll). Die Deformationen meiner Körperzellen entstehen durch die Deformation meines Geistes und diese wiederum entsteht, weil meine Seele ihre Verbindung zum göttlichen Feld verloren hat.

Bin ich auf dieser Erkenntnisstufe angelangt, dann kann ich mich in der Verbindung zum göttlichen Feld selbst heilen, denn der Krankheitsweg ist reversibel, die Krankheit auflösbar (es sei denn, Körperzellen sind unwiderruflich zerstört).

  • meine Gefühlswelt

Ich gewinne von meinen Gefühlen inneren Abstand, wenn ich sie – immer wenn sie ankommen – einteile in „angenehm”, „unangenehm”, „neutral”. Bei diesem Verfahren erkenne ich, dass meine Gefühle, wie meine Gedanken, ständig kommen und gehen. Das aktuelle Gefühl verblasst und wird von einem neuen abgelöst – ein nie endender Strom.

Diese Distanzübung lässt mich die Emotionen aufsteigen und vergehen sehen und erkennen: Das bin gar nicht wirklich ich, der sich da emotional verwickelt oder verbeißt, es sind lediglich Eigenschaften, denen ich jetzt die Macht über mich nehme.
Indem ich meine mich beherrschenden Stimmungen erkenne und damit ausschalte, brauche ich keinen dummen Stolz mehr, keine jammerndes Selbstmitleid, keine Niedergeschlagenheit, keine Überheblichkeit, kein Besserwissen und die vielen anderen Eigenschaften, die jeder so gut kennt. Buddha sagt dazu: „So betrachtet der Mönch die,eigenen Gefühle, betrachtet die fremden Gefühle, betrachtet beiderlei Gefühle. Er betrachtet bei den Gefühlen das Entstehen, das Vergehen (…) und unabhängig lebt er, und an nichts in der Welt haftet er.”(14)

  • mein Geist (Bewusstsein, Bewusstseinszustand)

Gemeint ist mein innerer Grundzustand, mein inneres Niveau, meine Bewusstseinsbasis, welche dem Denken die entsprechende Nahrung gibt. Diesem Geist wird durch das Reine Beobachten ein Spiegel vorgehalten, welcher das Niveau meines Bewusstseinszustandes prüft. Im Moment der Selbstbetrachtung erkenne ich mein inneres Wesen, auf welchem
mein Lebenszustand gründet. Buddha führt zu dieser Selbsterkenntnis aus: „Da erkennt der Mönch den begierigen Geist als begierig, den gierlosen Geist als gierlos, den gehässigen Geist als gehässig, den hasslosen Geist als hasslos, den verblendeten Geist als verblendet, den unverblendeten Geist als unverblendet. Er erkennt den verkrampften Geist als verkrampft und den zerfahrenen Geist als zerfahren … .”(15)

Auf dieser Selbsterkenntnis nun baut sich die Selbstveränderung meines Inneren auf.

  • meine Denkinhalte („Geistobjekte”)

Hier kommt alles was meinen Geist zu einer Feststellung oder zu einer Reaktion veranlasst auf den Prüfstand: alles was ich meine zu Wissen, alles was ich beurteile, alles zu dem ich eine Meinung habe. Nichts wird mehr als Gegeben betrachtet, nichts wird mehr hingenommen. Und was gänzlich wichtig ist: Meine Selbstbeobachtung „ermöglicht ein Innehalten und Stillehalten des Geistes, das so wichtig und wohltuend ist inmitten des ungestümen Drängens (in uns und um uns) zu vorschnellem Handeln, Eingreifen, Beurteilen und Bewerten. Es verleiht die Fähigkeit, Handlungen und Urteile hintanzusetzen, bis genaue Beobachtung der Tatsachen und weises Nachdenken gezeigt haben, ob Dinge, Situationen oder Menschen wirklich so sind, wie sie erscheinen oder vorgeben.”(16)

8. Stufe: Rechte Sammlung

Nun gelange ich in den Samàdhi-Bereich, in jene geistige Konzentration hinter dem Handlungsgeschehen, das alle sieben Stufen als Voraussetzung hat. Buddha nennt fünf Dinge, die nun verschwunden sind:

  • Gier (in allen Formen)
  • Übelwollen (Hass, Bosheit, Aggression),
  • Starrheit und Mattheit (in Geist und Körper),
  • Aufgeregtheit (emotionales Verwickeltsein)
  • Gewissensunruhe (durch Außenkonditionierung)
  • Zweifelsucht (Negativdenken, „er zweifelt nicht mehr am Guten”)

Als Erkennender an diesem Punkt stellt sich ein nicht begrenztes Glücksgefühl ein, das auf der inneren Ruhe basiert und weder Gründe noch Bedingungen braucht. Es ist dies „das Glück das nicht kommt und nicht geht”, das kein „himmelhochjauchzend” kennt, weil es nicht von Euphorien oder Empathien abhängt und das deshalb auch nicht verschwinden kann. Dieses Glück gründet auf Gleichmut, jenem Geisteszustand, welcher das Gegenteil von Gleichgültigkeit ist und beinhaltet Mitgefühl, welches das Gegenteil von Mitleid ist.

Jenes Glücklich-Sein ist einfach da – natürlich gibt es auch da Oben und Unten -aber es ist etwas Bleibendes, das in mich hinein und durch mich hindurchschwingt und mich mit allem verbindet was ist und was nicht ist: ich erkenne das Leben wie es ist, im Sandkorn wie im Grashalm, im Tier wie im Menschen. Alles ist wie es ist. Alles ist gut wie es ist. Alles ist mit allem verbunden. Wir sind alle Kinder der Sonne und des Universums, jeder nur ein wenig anders. Und weil wir alle Schwestern und Brüder sind, gibt es zwischen uns keinen Raum der uns trennen könnte. Wir haben die Trennung aufgehoben, die Vertreibung aus dem Paradies ist beendet.

Quellenangabe
Die Zitate sind 1-9 und 13-14 aus: Nyanatiloka: „Das Wort des Buddha”, Verlag Beyerlein & Steinschulte 2007.
Erste Auflage 1906: Die erste Übersetzung aus dem Pali in eine europäische Sprache; die überlieferten Worte Buddhas in nichtkommentierter Originalübersetzung der kanonischen Texte.
(1/2) Aus: „Visuddhi-Magga“, zitiert nach Nyanatiloka: „Das Wort des Buddha“, S.27ff
(3) Aus dem Kommentar zum „Dhammasangani des Abhidhamma-Pitaka“, aus dem Pali übersetzt von dem ehrwürdigen Nyanaponika in: „Die Wurzeln von Gut und Böse“, Buddhistische Handbibliothek, Verlag Christiani, Konstanz 1981, S. 37
(4/5) Aus: „Anguttara-Nikaya“ und „Majjhima-Nikaya““, zitiert nach Nyanatiloka: „Das Wort des Buddha“, … S. 70
(6) „Meister Eckhart-Mystische Schriften, Insel Taschenbuch 1302 1991 S. 30
(7) Aus: „Visuddhi-Magga“, zitiert nach Nyanatiloka: „Das Wort des Buddha“, … S.72ff
(8) Kommentar zum „Majjhima Nikaya Nr. 20: „Die Beseitigung der unheilsamen Gedanken“, aus dem Pali übersetzt von dem ehrwürdigen Nyanaponika in: „Die Wurzeln von Gut und Böse“, Buddhistische Handbibliothek, Verlag Christiani, Konstanz 1981, S. 103f
(9) Aus: „Visuddhi-Magga“, zitiert nach Nyanatiloka: „Das Wort des Buddha“, … S.73
(10/11/12) Nyanaponika Mahathera: „Geistestraining durch Achtsamkeit“, Verlag Christiani, 1993, S. 26ff
(13) Aus: „Visuddhi-Magga“, zitiert nach Nyanatiloka: „Das Wort des Buddha“, … S. 84
(14) Aus: „Visuddhi-Magga“, zitiert nach Nyanatiloka: „Das Wort des Buddha“, … S.85
(15/16) Nyanaponika Mahathera: „Geistestraining durch Achtsamkeit“, Verlag Christiani, 1993, S. 130

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Verantwortlich: Darya Shepeleva

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