Denken heißt, in der Vergangenheit leben

Betrachten wir das Gehirn – was es tatsächlich ist – ein biologischer Computer, dann verfügt jedes individuelle Gehirn über

  • a) ein Grundprogramm, das alle Menschen besitzen.
  • b) ein individuelles Lebensprogramm als abrufbarer Speicher alles dessen, was seit der Zeugung erlebt und wahrgenommen wurde.

a) ist ein kollektives Programm, über Jahrmillionen entwickelt, das jedem Menschen auf diesem Planeten eigen ist. Bei diesem kollektiven Bewusstsein spielen weder ethnische, noch kulturelle, noch örtliche Gegebenheiten eine Rolle. Dieses kollektive Programm haftet am Körperlichen, an den Sinnen und an deren Wahrnehmung: hell/dunkel, heiß/kalt, fest/flüssig, rauh/glatt usw. werden von allen erlebt. Auch das Gefühl, ein lebendiges Wesen zu sein, sich selbst bewusst zu sein, ist hier verankert.

Bei „angenehm/unangenehm“ stoßen wir dann schon vor in das individuelle Programm.

Mein persönlicher Speicher ist für mich die einzige Welt, die es gibt, es gibt keine andere! Und an diesem Punkt beginnt das große Dilemma des Menschseins. Ab diesem Punkt kann jeder von uns selbst erkennen und spüren, dass die Evolution sozusagen „steckengeblieben“ ist, dass wir Menschen unser Menschsein noch nicht verwirklichen konnten: Der eigene Denkspeicher kann sich nicht erweitern, um die anderen Menschen als gleichwertig zu erkennen; er kann sich schon gar nicht erweitern, um die Tiere und die Pflanzen auf unserem Planeten ebenfalls als Wesen zu erkennen, die lediglich anders sind – aber einen grundsätzlich gleichen Wert wie ich selbst besitze.

Als Mensch auf jener rudimentären Evolutionsstufe gilt: Mein persönlicher Speicher ist für mich „die Welt“. Wenn ich zur Beurteilung einer Situation im Jetzt lediglich diesen persönlichen Datenspeicher zur Verfügung habe, dann scannen meine Gedanken, die im Jetzt denken, diesen Vergangenheitsspeicher ab und fügen

  • a) das jetzt Ablaufende dieser Vergangenheit hinzu (indem ich darüber nachdenke, ist das Beobachtete bereits in die Vergangenheit gerutscht).
  • b) dieser – nun durch diese kleine „Jetzt-Zufügung“ winzig erweiterte Vergangenheitsspeicher beurteilt nun diese neueste Situation nach seinen alten Erfahrungen, die zur „eigenen Meinung“, zu „Grundsätzen“ und zu „Charakter“ geworden sind. Somit wird die neue Erlebens-Sequenz gemäß den alten Grundsätzen der Beurteilung in das bestehende System eingefügt; meine Vergangenheit bestimmt die Qualität meines aktuellen Erlebens.

In diesem Gehirn können grundsätzlich (ja, grundsätzlich) keine neuen Erkenntnisse Raum finden, um sich zu entfalten, denn alle neuen Daten werden den alten untergeordnet. Dieser Vergangenheitsabgleich alles aktuellen Geschehens verhindert beim ständig nachdenkenden Menschen das Lebendigsein. Ständige Sorgen, tiefe Angst, das Wühlen in der Vergangenheit, die Panik vor der Zukunft – alles oft ohne Anfang und Ende – schafft tiefe Narben. Im Laufe eines Lebens gräbt sich diese Grundstruktur nicht nur ins Gesicht – der ganze Körper wird starr, feindlich, kalt, leblos und fällt letztendlich durch Krankheit zermürbt in sich zusammen.

Bei den sich „geistig hochstehend“ dünkenden Denkern, die ihr Unwissen hinter ihrem Hochmut verbergen, und die sich als „intellektuell“ begreifen, greift das prägnante Wort Oshos: „Die größten Intellektuellen sind die größten Dummköpfe“. Warum? Angehäuftes Wissen aus 2. Hand, kombiniert mit der eigenen Ängstlichkeit bis Feigheit, fehlendes intuitives Erleben und einer meist eingeengten bis fehlenden Emotionalität, ergeben ein Wesen, das, wie ein altes Sprichwort sagt, die Namen von allem kennt, aber von nichts vom Inhalt.

Die gute Nachricht: Dieses skizzierte (düstere) Realbild unseres denkenden Gehirns kann von mir durchbrochen werden (das große Thema dieser Arbeit überhaupt), indem ich die nächste Stufe der Evolution erklimme: Ich lebe im Jetzt. Ich erkenne, dass das Jetzt die einzige Zeitform ist, die Realität besitzt. Die Vergangenheit ist tot, vollkommen tot und nicht vorhanden. Die Zukunft, dieser drohende Horizont, den gibt es überhaupt nicht – eine vollkommene Fiktion! Tritt das ein, was wir „Zukunft“ nennen, dann ist es das Jetzt – es gibt nichts anderes!

Ich schneide die Vergangenheit ab – ihre negative Wirkung auf das Jetzt – und akzeptiere sie nur als Erinnerung (die gute wie die schlechte). Durch dieses „Abschneiden“ werden sämtliche Konditionierungen aufgelöst. (Buddha hat dies so ausgedrückt: „Ich habe mich von meinen Vorbedingungen befreit.“) Die Inhalte meiner Vergangenheit sind Vor-Bedingungen – weg damit! Ich lebe ohne Zeit, – es gibt sie nicht. Dass der Mensch Vorausberechnungen der Himmelskörper-Drehungen als „Zeit“ ansieht, sind weitergerechnete Erfahrungen, sind nützliche Vereinbarungen, mehr nicht.

Dass niemand zwei Mal in den gleichen Fluss steigen kann, das wusste bereits Heraklit vor 2.500 Jahren. Wenn ich einen Weg, den ich schon hundertmal gegangen bin, wieder gehe, dann ist alles, was ich sehe, einhundert Mal neu vor meinen Augen erstanden. Dies nicht als Analogie, sondern als Wirklichkeit. Wenn ich einhundert Mal „meinen“ Baum berühre, dann sind das 100 Bäume, die sich nur im groben Erscheinungsbild gleichen. Jedes Mal ist es ein neuer Baum. Auch das ist physikalische Wirklichkeit – nicht diskutierbar.

Alles ist jeden Tag neu, jeder Atemzug neu, jeder Herzschlag neu. Jede Sekunde sterben beim Menschen 10 Millionen Körperzellen ab und werden durch neue am alten Platz ersetzt. Wie viele Sekunden hat ein Tag? Rechnen Sie einmal nach: 24 x 60 x 60. Wie viele neue Körperzellen habe ich, wenn ein Tag vorbei ist? Ich bin nicht mehr der Alte – und nach sieben Jahren bin ich komplett erneuert. Wo ist das, welches „das Ich“ genannt wird?

Dieser hier skizzierte „kleine“ Schritt in dieses „neue“ Denken (von dem niemand sagt, dass er leicht sei), ist der Schlüssel, um mich selbst vor meinem eigenen, selbst inszenierten Untergang zu retten; dies ist der Schlüssel, um die Welt vor der Zerstörung durch den unfertigen homo sapiens zu retten. Der Schlüssel ist da und die Tür öffnet sich. Durchgehen muss jeder selbst.

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