Das Leben eine Kunst? Wer möchte dies bezweifeln! Ich bin Teilhaber dieses großen Lebens-Spieles!
Ich bin untrennbar eingebunden in den Kreislauf dieses Planeten, in Kommen und Gehen, in Werden und Vergehen. Eine wahrhaft tiefe und intelligente Aufgabe ist es nun, meine Strategie des Seins in eine allumfassende Lebenskunst zu kleiden.

Die Qualität meines Lebens hängt davon ab, ob und in welchem Umfang ich diese Lebens-Kunst beherrsche. Ob ich ein Samenkorn bin, in welches der mächtige Baum bereits eingefaltet ist, ob ich gerade ein kleines Fröschlein geworden bin oder ob ich meine Augen öffne, – und siehe da -, ich bin ein Menschenkind, – wir sind alle aus dem gleichen Stoff, wir haben alle die gleiche Heimat, nur sind die Aufgaben verschieden. 

Und meine Aufgabe als Mensch? Mein Gott! Zehntausend mal zehntausend Seiten sind darüber geschrieben, von Wahrheitsverkündern jeglicher Schattierung und Farbart. Vergessen wir diese allesamt ganz schnell, denn sie schaffen nur Wirrnis. Jede Antwort, von außen gegeben, wirft nur eine neue Frage im Innen auf; es gibt keine Antwort im Außen. 

Der weltbekannte Mathematiker Kurt Gödel konnte nachweisen, dass die letzte Frage jeder logischen Kette zwingend unlogisch sein muss. Das Leben ist unlogisch, in allerhöchstem Maße. Wer auf der Stufe der Logik verbleibt, ist vielleicht ein sehr guter Handwerker, aber er ist kein Künstler.

Leben kann sich allein als Kunst entfalten, denn nur diese Kunst lässt mich heil bleiben. Diese Kunst, die mich in einem permanenten Schöpfungsakt immer wieder heilt, keimt und gedeiht in der ungehinderten und freien Selbstorganisiation des Lebens. Zuerst ein zartes Pflänzchen, dann immer stark und stärker werdend in ständiger Interaktion mit der realen Wirklichkeit. 

Das Tun des Seiltänzers ist seine Kunst. Auf dem Seil des Lebens balancieren ist meine Kunst.
Wie steht es schon in der Kata-Upanishad, gut 5000 Jahre alt:
„Scharf wie eine Rasiermesserschneide ist der Pfad des Lebens“. Und ist dieser Pfad erst einmal begonnen, muss er zu Ende gegangen werden. Aber in welcher Qualität?! Und wie oft ich aus der Balance komme, mich schneide und wieder auf den Weg zurückfinde, mein Gott! Das wieder zurückfinden, das Gehen in Gelassenheit, das Vermeiden weiterer Verletzungen, das ist die Kunst des Lebens! 

Und hier wird diese Lebenskunst deckungsgleich mit der Kunst der Selbstheilung.
Lebenskunst ist Selbstheilung! Niemand kann meine Verletzungen heilen außer ich mir selbst! Ich hatte sie mir selbst zugefügt, durch Unachtsamkeit, durch Nachglauben was andere mir vorsagten, durch die Verwechslung von Äußerem Gehabe und innerer Motivation, durch ein Leben in meiner selbst gefüllten Illusions-Blase.

Die Kunst der Selbstheilung ist ein Schwert in der Hand – das Schwert der Wirklichkeit, das Schwert der Wahrheit, eben meiner Wahrheit. Und nur um diese geht es. Selbstheilung auf dem Seil des Lebens, auf der scharfen Klinge des Rasiermessers, kann große Schmerzen verursachen, doch am Ende steht die Freiheit: Ich nehme mir ohne Anstrengung und ohne Einengung mein Recht auf Gesundheit, mein Recht keine Angst zu haben, mein Recht auf Glück.

Meine Selbstheilung geschieht auf allen Ebenen, – geistig, mental, emotional, körperlich -, geschieht im Fluss der Intuition, an welche ich angeschlossen bin. Es ist die Quelle, aus welcher jedwede echte Kunst schöpft, die Quelle der Schönheit, der Harmonie, des befreiten Atems der Seele, die Quelle der göttlichen Kraft, die Quelle all dessen was ist und was nicht ist.

Der Kunst ergeht es wie der Wissenschaft: Nur wenn sie frei ist, kann sie gedeihen. Freiheit heißt Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Authentizität. Und sie heißt Disziplin, die ich mir auferlege, um dieses Ziel Freiheit zu erreichen. 

Meine Freiheit heißt gleichzeitig auch die Freiheit der Anderen. Ich kann nur selbst heil sein, wenn ich jenen, die mich umgeben, diese gleichen Qualitäten zugestehe und diese fördere. Fürwahr eine heilsame Kunst, – wohl dem, der sie beherrscht!