Mein Bewusstsein, Spiegel zum Universum

Großes Augenmerk muss ich darauf richten, ob es tatsächlich der große kosmische Speicher ist, der mich da neuronal anfunkt, oder ob es doch die Raffinesse meines Ego-Gehirns ist, welches mich an der Nase herumführen will. Unbedingt muss ich mich selbst abfragen, ob sich nicht heimliche Ängste oder Wünsche gut verkleidet nach vorne drängen, und zum Störfeuer für die Intuition werden. Sind noch Falschinformationen in meinem Speicher? Drängt noch nicht erkannter Psychomüll nach oben und will mich steuern? Alle quälenden Momente meines Lebens haben mit vergangenem Schmerz zu tun, den ich damals, nachdem ich ihn erlebte, ganz schnell in meine Vergessenheits-Kiste gesperrt habe. Dieser Kisteninhalt kann riesige Ausmaße annehmen, ohne dass ich auch nur das Geringste von dieser Kiste weiß, die ich Tag und Nacht mit mir herumschleppe.

Wenn ich Menschen in meinem Umfeld erlebe, deren Leben nur aus Qual zu bestehen scheint, weil ihnen nichts, aber auch gar nichts behagt und gut genug oder richtig ist, dann habe ich manchmal das Bild, dass diese Menschen selbst zu ihrer Kiste geworden sind: Ihr Leben ist ein einziges Wühlen in alten Klamotten. Immerzu werden diese angeboten, aber keiner will sie haben, keinen interessieren sie, und für die Wühlenden sind sie völlig nutzlos. Das Schreckliche dieser Qual ist, dass der sich Quälende nicht weiß und nicht herausfindet, wo diese herkommt; zudem hat er keinen Schimmer, wie er sie loswerden kann.

Hat mich die Erkenntnis an diesen Punkt geführt, dann realisiere ich vielleicht eine Sache, die in keiner der Weisheitslehren, die ich kenne, klar thematisiert wird: Das Menschengehirn ist prinzipiell eine Fehlkonstruktion. Es ist, im jetzigen orientierungslosen Zustand, ein grundlegender funktionaler Irrläufer. Alle Versuche, diese Erkenntnis schönzureden, sollte ich sein lassen. Es gilt auch hier: Die Realität ist wie sie ist und nicht, wie ich sie gerne hätte. Je tiefer es mir gelingt, im Tao zu leben, desto klarer wird diese Erkenntnis, die sich hunderte Male am Tag bestätigt, wenn ich aufmerksam mich selbst und dann meine Mitmenschen betrachte: wie wir aussehen, was wir sagen, was wir lieben, was wir verachten, was wir tun.

Irgendwann in den Millionen Jahren der Evolution, vielleicht aber erst vor wenigen tausend Jahren, hat sich jener „Schalter“ im Gehirn des homo sapiens umgeschaltet. Die Vertreibung aus dem Paradies des kosmischen Bewusstseins begann, und mit ihr jenes unglaubliche Leid, das wir erleben. Wir können nicht herausfinden, wann dies war und/oder in welchen Sprüngen diese Mutationen stattfanden, wir können nur von den Ergebnissen her spekulieren. Aber auch das ist müßig, geht es doch um mich, heute und jetzt.

Vielleicht wäre noch zu bedenken, dass es wohl grundsätzlich zwei Arten von Menschen gibt: Die eine Art liebt diesen Planeten, erfreut sich an allem Lebendigen, sorgt und kümmert sich darum und trägt Verantwortung. Die andere Art beutet diesen Planeten rücksichtslos in solchem Maße aus, dass man meinen könnte, sie sei nicht von hier. Ihr Merkmal ist die Gier, die alles mit sich reißt und versklavt, was ihr in die Hände fällt. Die Blutspur, welche besonders die monotheistischen Religionen über die Erde ziehen, könnte einen Anfang bei Moses gefunden haben. Wenn man aufmerksam Hesekiel 2 liest, wo die Erdenmenschen sich ihre Instruktionen von jenem „Gott“ holen, oben auf dem Berg, wenn man die Beschreibungen der feuerspeienden Fahrzeuge der „Götter“ liest, dann können einem Gedanken kommen, die mit keiner Geschichtsschreibung übereinstimmen. Aber, wie gesagt, es ist müßig, sich zu tief in diese Spekulationen zu begeben, mögen sie noch so faszinierend sein.

Um in meiner Intuition leben zu können, um sicher zu sein, dass es auch tatsächlich die Intuition ist, welche mich leitet, muss ich zwingend mein Unbewusstes bearbeiten und leeren. Dieser als Endlager konzipierte Müllplatz meines Lebens muss geräumt werden. Das Kapitel: „Die Konditionierungen töten“ (oder moderater: „Sich von den Konditionierungen lösen“), gehört genau an diesen Räumungspunkt. Dass diese Räumung die schwierigste Übung meines Lebens sein wird, darf mich keinesfalls von dieser Aktion abhalten! Im Gegenteil: Mutig springe ich ins Wasser, mit all meiner Kraft durchspringe ich das Feuer, wissend, dass auch diese Höllenfahrt ein Ende hat. Natürlich will ich mit diesem Text keine Ängste verbreiten, im Gegenteil, aber das Bewusstsein blockiert jenen unbewussten Speicherplatz, um sich vor Schmerz zu schützen.

Bin ich auf meinem Weg bis hierher gelangt, genügt der starke Wille als Botschaft an mein Bewusstsein, um den Speicher zu veranlassen, langsam Daten abzugeben, um sie ins Bewusstsein zu bringen. Das Unbewusste ist mein Angstspeicher, in welchem viele Formen der Angst gelagert sind, die einmal Schmerzpunkte meines Lebens waren. Alle meine Verwirrungen, Verwicklungen, Verstrickungen lagern da, alle Qual meines Lebens, alle Informationen, die einmal wichtig waren, aber heute weder notwendig noch von Bedeutung sind. Es ist tatsächlich ein Müllplatz, den ich leeren muss.

Alles was sich im Unbewusstheits-Speicher angesammelt hat, gleich mit welchem Namen versehen, ist Angst in irgendeiner Form. Ich darf mir hier überhaupt nichts vormachen, dass es hier etwas anderes gäbe als die nackte Angst. Aus eigener Erfahrung weiß ich nur zu gut, dass eine eigene Mitarbeit notwendig ist, um an die ganz tiefen Verletzungen heranzukommen. Lassen Sie mich dies an einem eigenen Beispiel erläutern, es war, nach meiner Einschätzung, meine letzte Leiche im Keller, die nicht bereit war, ausgegraben zu werden:

Um mein sechzigstes Lebensjahr, bei meiner scheinbar nie endenden Aufräumarbeit während meiner Meditationen, abends beim Einschlafen, morgens beim Aufwachen, beschlich mich ein neuartiges Gefühl der Angst. Es kam wie eine Wolke über mich, durchfloss meinen Körper, verursachte ein ziehendes, fast schmerzhaftes Gefühl und verschwand irgendwann wieder. Da die Intervalle dieses Phänomens immer schneller kamen, sah ich sie als dringende Botschaft. Ich tastete die bekannten Stationen bis zur frühen Kindheit ab, die ich ja alle schon bearbeitet hatte, und bekam keine Resonanz; vor mir war eine Mauer. Nun bat ich dringend beim Einschlafen mein Unbewusstes, mir doch im Traum weiterzuhelfen.

Die Hilfestellung kam, war aber grausam und erstmals völlig unverstehbar: In sich wiederholenden Traumsequenzen irrte ich durch menschenleere, tote Städte, rannte ich durch U-Bahn-Schächte zwischen hunderten von Menschen ohne Augen, fuhr ich Bahn ohne zu wissen wohin und wo ich aussteigen sollte, suchte ich auf Trümmergrundstücken zwischen hohen Müllbergen den Ausgang usw.

Immerzu war alles menschenleer und ich allein, oder die Menschen waren ohne Augen, oder stumm, oder sie nahmen mich nicht wahr. Dass ich niemals ans Ziel kam, ja, dass ich nicht wusste, wo ein Ziel sei, ließ mich dann schweißgebadet aufwachen. Mir wurde allmählich klar, dass diese Traumbilder aus einer Zeit meiner völligen Hilflosigkeit stammen müssen, vor meiner Geburt. Ich ging auf Spurensuche mit Hilfe alter Bilder-Alben, die mir vererbt wurden und die ungesehen tief im Schrank lagen (meine Eltern waren schon 20 Jahre tot). Da mein Vater ein sehr aktiver, begabter Fotograf war, erschloss sich mir durch diese Bildergalerie die Familiensituation zu jener Zeit, als ich noch nicht war, bzw. als meine Mutter mit mir schwanger war.

Im Studieren alter Dokumente, die ich ebenfalls fand, stieß ich auf ein erschreckendes Familiensystem: Wohlhabende Familie, Großvater Bauer und Bürgermeister im großen Dorf, die Mutter jüngstes Kind von dreien. Die protestantisch-fundamentalistische Familie war fromm, las erbauliche Bücher, ging zu Evangelisationen, wollte es dem strafenden Protestantengott immer recht machen; eine verhärmte, freudlose Familie, die Gottes Wohlgefallen in der Größe der Ackerfläche und des Geldbeutels ablas.

Meine Mutter hatte keine Beziehungen, bis sie Mitte Dreißig war (der 2. Weltkrieg lief und junge Männer waren sowieso nicht da). Da kam ein geschiedener Mann und warb um sie. Ich fand Briefe, Bilder und Dokumente aus der Zeit und musste somit nicht ausschließlich spekulieren. Ein geschiedener Mann, der Frau und drei Kinder in der nächsten Stadt zurücklässt und um die jungfräuliche Frau Ende 30 warb, eine Todsünde in den Augen der Protestantenfamilie. Gegen deren kompletten Widerstand entschied sich meine Mutter für diesen Mann, eine kleine Hochzeitsfeier vom Feinsten ist in beeindruckenden Bildern dokumentiert.

Nun wird meine Mutter schwanger, das Kind wird geboren, – und stirbt am zweiten Lebenstag. Ich halte die beiden Bilder in meinen Händen: die strahlende, glückliche Mutter mit dem Neugeborenen in ihren Händen und dann das Kind, wie es tot aufgebahrt ist, die winzigen Händchen gefaltet; wie gesagt, mein Vater war ein leidenschaftlicher Fotograf.

Die Deutung der Familie kriecht in mir hoch und lässt mich zittern: Dies war die Strafe Gottes für die sündige Verbindung mit dem ungläubigen Ehebrecher.

Drei Monate später war meine Mutter wieder schwanger, hatte nun aber das Schwert Gottes über sich zu tragen, – das erste, das tote Kind. Mir wurde in meiner Recherche plus Selbstbeobachtung langsam klar, dass diese meine fürchterlichen Träume die Reflexionen des Embryos sind, auf die Ängste meiner Mutter in dieser zweiten Schwangerschaft.

Ab dieser Erkenntnis waren einige Nächte traumlos, dann dieser: Ich stand im Hof unseres alten Bauernhauses und sah meine Mutter auf der kleinen Außentreppe stehen, mit mir hochschwanger, tränengezeichnet, unendlich traurig und in völligem Schmerz. Einen Moment lang, bevor der Traum abbrach, schauten wir beide uns tief in die Augen. Sie suchte meine Augen! Es durchrieselte mich in unvorstellbarer Art: Ich erfühlte die Angst, den Schmerz und die totale Hilflosigkeit meiner Mutter, die mich da in ihrem Bauch trug, kurz vor meiner Geburt. Nach Luft ringend wachte ich auf.

Mein Bewusstsein und dieser tief vergrabene Inhalt meines Unbewussten hatten sich kurzgeschlossen und nicht nur das Problem benannt, – die Lösung wurde mir mitgeteilt: Der von mir im Traum bewusst erlebte Schmerz meiner Mutter veränderte mich schlagartig, – vom gequälten Wesen hin zum mitfühlenden Wesen. In Folge konnte ich erkennen, dass ich ein Leben lang nicht bewusste Hassgefühle gegen meine Mutter hatte. Nun nahm ich sie, die schon so lange tot war, in meinen Arm und tröstete sie: „Mein Gott Mutter, was hast Du bloß durchgemacht!“.

Dieser Speicherinhalt meines Unbewusstseins hatte sich aufgelöst; in einem großen Kraftakt hatte sich das Unbewusste von seiner Qual aus der Schwangerschaftszeit getrennt. Die beschriebene Angstwolke kam bis heute nie wieder, die Träume dazu ebenfalls nicht.

Die Quelle alles Wissens liegt in mir selbst. Auch bei dieser kurz beschriebenen, schwierigsten Aufgabe meines Lebens, konnte ich die Lösung nicht über meinen Verstand erarbeiten (natürlich war er begleitend höchst aktiv), sie wurde mir gegeben. Alles fällt mir zu und fällt mir intuitiv ein, wenn ich zulasse, dass die Wahrheit hinter den Dingen ihren Weg in mein Bewusstsein finden. Ich muss allerdings jenes Fühlen zulassen, welches ich damals gefühlt habe, kurz bevor ich die Sache ins Unbewusste abschob.

Heilung geschieht, wenn ich zurückblicke und fühle, was ich damals gefühlt habe. Heilung geschieht, wenn ich die Impulse dazu zulasse, welche weit jenseits meines Wissens und meines Handelns liegen (Diesen Rückblick sollte ich mein Leben lang jeden Abend halten, indem ich das Tagesgeschehen auf mich wirken lasse. Ich hinterfrage, was ich heute gefühlt habe und lasse dieses wirken. Weder Vorwürfe noch Besserungsversprechen braucht es, damit sich unschöne Dinge ausschleichen und nicht mehr wiederholen).

Allein mein Beobachten, bewusst gemacht, ins Bewusstsein gelegt, verändert komplett mein Leben, weil dieses mein Bewusstsein ein Spiegel ist, der das Erkannte in die Alleinheit hineinstrahlt. Natürlich weiß niemand, wie dieses Hilfesystem tatsächlich funktioniert (eine diesbezügliche Frage kann sicherlich nur ein Mann stellen), aber dieses Bild vom Spiegel ist das mächtigste Bild, das alle Weisheitslehren benutzen. Derjenige der ruft, ist der gleiche, der gerufen wird. Ich bin der Spiegel, das Gespiegelte und die Antwort darauf, die zum Spiegel zurückfindet.

Dieses Spiegelgeschehen, wenn all die Konditionierungen und sonstigen Negativspeicher aufgelöst sind, ist dermaßen verblüffend einfach, dass es einem die Sprache verschlagen kann. Ich unternehme nichts, was das Geschehen, das mich negativ berührt, verändert. Ich gebe keinem Ding eine andere Gestalt, ein anderes Aussehen und rechtfertige es nicht/lehne es ab durch eine herbeigedachte Begründung.

Ich habe ein offenes Herz und bin durch das Spiegelgeschehen in meiner Nichtzweiheit unverwundbar. Mein ganzes Leben steht und fällt mit meinem klaren Spiegel; meine einzige Arbeit ist, diesen täglich zu putzen!

Die Idealbeschreibung eines Menschen, der solcherart lebt, finden wir bei Chuang tzu/Zhuangzi (ca. 370 v. Chr.). Hier die Interpretation von Theo Fischer: „Er geht den Dingen nicht nach – er geht ihnen nicht entgegen – er spiegelt die Dinge wider – er hält sie nicht fest – er wird unverwundbar – er ist kein Sklave der Geschäfte – er beachtet das Kleinste – er nimmt alles entgegen, was das Leben spendet –– er ist bescheiden“. (1)

Mein Bewusstsein ist dieser Spiegel! Der alte Begriff „Herz“ ist dieser Spiegel. Wenn die Sufis sagen: „Wir müssen mit dem Herzen denken“, dann heißt dies, dass mein klares Bewusstsein, mein Spiegel, das sorgende Denken ersetzt. Wer deutet, dieses „Denken über das Herz“ könnte einfältig machen oder Einfältigkeit zeigen, der hat die Sache noch nicht verstanden. Genau das Gegenteil ist der Fall: Ich bin in meiner selbstbestimmten Freiheit jedem überlegen, der mich zu irgendetwas gebrauchen oder missbrauchen möchte. Ich sehe buchstäblich das Gras wachsen, wo andere noch fragen, was das denn sei, – gemäß Chuang tzus lapidarer Aussage: „Er beachtet das Kleinste“.

(1) Quelle: Theo Fischer: „An der Quelle des Tao“, Eigenverlag 2012

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