Schmerzmittel – problematischer als gedacht

Entgegen der landläufigen Meinung existieren keine Schmerzmittel, die überhaupt keine Nebenwirkungen haben.

Vielmehr wirkt eine Schmerztablette ganz unterschiedlich und individuell. Diese Tatsache bezieht sich auch auf rezeptfreie Schmerzmittel, weshalb diese auch nur mit Vorsicht zu genießen sind.

Gerade die spottbilligen Generika halten viele Menschen (schon wegen des niedrigen Preises) für harmlos und nehmen diese bedenkenlos regelmäßig ein. Diesen Eindruck verstärkt die raffinierte Werbung, die solche Tabletten ungefährliches Mittel darstellt. Ich erlebe das in der Praxis immer wieder! Erschreckend!

Auch Aspirin ist nicht harmlos

Die Acetylsalicylsäure (ASS, Handelsname Aspirin) gilt ja schon fast als altes Hausmittel. In Form einer wohlschmeckenden Kautablette erinnert das Medikament mehr an einen sauren Drops als an eine Schmerztablette. Aber ASS kann insbesondere bei einer häufigen Einnahme, Magen-Darm-Blutungen verursachen. Diese Komplikationen kosten in den USA jährlich über 15.000 Menschen das Leben. Des Weiteren existieren Studien, die belegen, dass die langfristige Einnahme dieses Mittels das Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs bei Frauen erhöht.

Auch ehemals komplett rezeptfreie Schmerzmittel wie Paracetamol werden nun teilweise verschreibungspflichtig, da Studien die Gefährlichkeit dieser Mittel nachweisen. Allerdings erfordert erst eine Gesamtmenge ab 10 g ein Rezept. Diese Menge entspricht dem Zehnfachen der offiziell geltenden tödlichen Dosis für Kleinkinder! Denn schon 2 Tabletten mit 500 mg des Wirkstoffes können bei den Heranwachsenden den Tod herbeiführen. Kein Wunder, das Paracetamol in höheren Dosierungen des Öfteren für Suizidversuche missbraucht wird.

Paracetamol kann bei regelmäßiger Einnahme schon in kurzer Zeit Leberschäden verursachen, die zwar oft reversibel sind. Doch irgendwann kann die Leber auch komplett versagen. Schwangere, die das Medikament einnehmen, gefährden ihr Baby. Es kann später an Asthma erkranken und Jungen können einen Hodenhochstand erleiden. Im reifen Alter sind sie dann eventuell unfruchtbar. Das Risiko ist erhöht, wenn auch noch Ibuprofen hinzukommt.

Uralte Zulassungs-Praxis

Wer glaubt, Paracetamol und Aspirin hätten strenge Zulassungsverfahren durchlaufen, der irrt. Diese Mittel sind schon so lange auf dem Markt, dass sie zu einer Zeit geprüft wurden, als die Kriterien für die Verkaufsgenehmigung noch sehr niederschwellig waren. Dennoch vertrauen Konsumenten auf die Autorität der Arzneimittelbehörden, die schon die richtigen Entscheidungen treffen werden.

Ibuprofen ist ebenfalls bedenklich

Ibuprofen wirkt zwar gut gegen Kopfschmerzen, kann aber kurzfristig Magen-Darm-Beschwerden verursachen. Als langfristige Schäden der Einnahme dieses Schmerzmittels wurden Leber und Nierenschäden bekannt, welche in der Regel als irreversibel zu bezeichnen sind.

Ebenfalls besorgniserregend ist die erhöhte Neigung zu Herzinfarkt und Schlaganfall. Dieses Risiko scheint von allen NSARs (nichtsteroidale Antirheumatika) auszugehen. Forscher schätzen, dass die Wahrscheinlichkeit dieser Herz-Kreislauf-Erkrankungen um das Doppelte bis Vierfache zunehmen, wenn die Präparate zu oft eingenommen werden.

Grund für die Annahme sind wissenschaftliche Studien. NSARs sind schon dann gefährlich, wenn sich der Verbraucher an die Dosierungs-Vorschriften hält. Eins ahnen viele Menschen allerdings nicht: öfter als 10 Tage im Monat sollten die Medikamente nicht eingenommen werden. Diese Vorsichtsmaßnahme aber steht in keinem Beipackzettel!

Schmerzmittel als Alltagshelfer und auch Doping im Sport

Welche Ausmaße dieser Missbrauch angenommen hat, zeigt eine Statistik der Schmerzklinik Kiel aus dem Jahr 2015. Deren Experten bezifferten die Einzeldosen solcher Präparate in Deutschland auf 2,5 Milliarden pro Jahr. Die Zahl der jährlich verkauften Packungen beläuft sich auf 100 Millionen Stück.

Da hilft es auch wenig, dass die Einnahme von Paracetamol zurückgegangen ist. Die Berichte über Leberschäden durch das Analgetikum haben viele Verbraucher abgeschreckt, die aber (zu dem ebenfalls kritischen!) Ibuprofen gewechselt sind.

Laut Robert-Koch-Institut griffen 2014 die Hälfte aller Deutschen einmal monatlich zu den rezeptfreien Schmerzkillern, ohne mit dem Hausarzt darüber zu sprechen. 13 % der Konsumenten hierzulande schlucken die Chemiebomben sogar  mehr als vier Tage hintereinander, wodurch die Schädlichkeit noch potenziert wird. Schon 2008 zeigte eine Studie, dass mehr als jeder zehnte männliche Jugendliche und 6 % der Mädchen regelmäßig Schmerzmittel konsumieren.

Bedenklich ist auch der Missbrauch von Aspirin, Paracetamol, Ibuprofen und Diclofenac im Sport. Dabei werden die Analgetika nicht nur gegen Schmerzen nach intensivem Training eingenommen, sondern sogar vor den Übungen, um über das Schmerzlimit hinausgehen zu können. Zur Vorbeugung sind die Mittel jedoch überhaupt nicht vorgesehen.

Die physischen Belastungen können im Zusammenhang mit den Medikamenten zu Herzinfarkt und Kreislaufversagen führen. Medienberichte über durchtrainierte junge Sportler, die an Herzversagen scheinbar unerklärlicherweise sterben, machen zunehmend die Runde. Ein Wunder ist das nicht, wenn Trainer die Schmerzmittel schon an Jugendliche verteilen, die von ihrem Vorbild ein fatales Verhalten lernen.

Nierenschäden sind ein anderes Problem des prophylaktischen Gebrauchs von Schmerzmitteln. Wer während des Sports zu wenig Flüssigkeit aufnimmt, wie dies beim  Marathonlauf der Fall ist, malträtiert die Ausscheidungsorgane zusätzlich. Eine Untersuchung der Friedrich-Alexander-Universität zeigte 2009, dass die Hälfte aller Langstreckenläufer vor dem Training und dem Wettbewerb Analgetika schluckt.

Der Fußballprofi Ivan Klasnic erlitt höchstwahrscheinlich durch Schmerzmittel eine derartig schwere Nierenschädigung, dass er sich einer Transplantation unterziehen musste. Doch auch im Amateur-Sport gleichen die Schmerzdämpfer vor dem Training einer Volksseuche. Recherchen der ARD ergaben, dass 40 % der Hobbysportler die Medikamente auf diese Weise missbrauchen. Die Journalisten berufen sich auf Befragungen von 1.100 Sporttreibenden. Dr. Thomas Rüther von der Deutschen Sporthochschule Köln untersuchte das Phänomen bei Lauf-Events und stellte fest, dass jeder fünfte Läufer vor dem Start Schmerzmittel eingenommen hatte.

Das Streben nach immer höheren Leistungen ist im Profisport stärker ausgeprägt als bei den Amateuren. Entsprechend höher ist bei ihnen dann auch der Schmerzmittel-Konsum, der auf das gesellschaftliche Problem hinweist. Körperschäden geraten gegen das Leistungsdenken in den Hintergrund und können so auch zu einer regelrechten Sucht führen, die freilich nicht offiziell anerkannt ist.

Allerdings sind die Dosissteigerungen infolge Gewöhnung ein eindeutiges Kriterium für die psychophysische Erkrankung. Zeichen dafür sind Kopfschmerzen, die sozusagen als Entzugserscheinung bei Dauergebrauch der Analgetika auftreten. Daneben sind allgemeine Symptome zu beobachten wie Magen-Darm-Probleme, Abgeschlagenheit und Schlafstörungen. Diese Beschwerden treten bei so vielen Krankheiten auf, dass der Arzt zunächst vor einem Rätsel steht.

Experten fordern längst ein Werbeverbot für Schmerzmittel. Ob die Politik sich dazu durchringen kann, bleibt jedoch vorerst fraglich. Einen Anstoß für einen solchen Schritt wäre die öffentliche Sitzung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages 2021. Dabei soll das Thema „Schmerzmittel im Sport“ auf der Tagesordnung stehen.

Autor: René Gräber
Quelle: yamedo.de
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