Krebs: Das Scheitern der konventionellen Therapien

Haben wir in der Krebstherapie wirklich Fortschritte gemacht, seit Nixon dem Krebs 1971 den Krieg erklärt hat? Bei genauem Hinsehen lässt sich erkennen, dass die Chemotherapie die Überlebenszeit nicht erhöht, sondern nur die Lebensqualität verringert.

Auf einen Blick

  1. Nach der Überprüfung von Tausenden onkologischen Artikeln Anfang der 90er kam der deutsche Biostatistiker Dr. Ulrich Abel zu dem Schluss, dass eine Chemotherapie bei Patienten mit Krebs, außer bei Lungenkrebs, die Überlebenszeit nicht nennenswert verlängert.
  2. Die Resultate jahrzehntelanger Spitzenforschung machen deutlich, dass die Wissenschaft nur siegreich dasteht, wenn nicht gemessen wird, ob ein Mensch tatsächlich überlebt, sondern nur solange gemessen wird, ob der Tumor nach der Chemotherapie schrumpft.
  3. Das Schrumpfen eines Tumors führt jedoch nicht notwendigerweise zu einer Heilung, es kann sogar zu einem darauffolgend aggressiveren Wachstum des Tumors kommen.
  4. Der Gesamtbeitrag der kurativen und unterstützenden zytotoxischen Chemotherapie zum 5-Jahres-Überleben bei Erwachsenen wurde auf 2,3 Prozent in Australien und 2,1 Prozent in den USA geschätzt.

Die Heilung von Krebs: Gab es wirklich Fortschritte?

Anfang der 90er-Jahre publizierte ein deutscher Biostatistiker namens Ulrich Abel einen Artikel, der die Welt der Onkologie erschütterte. Abel wollte herausfinden, welche Fortschritte in den 20 Jahren erzielt worden waren, seit Präsident Nixon 1971 dem Krebs den Krieg erklärt hatte. Dazu gehörten die Unterzeichnung des National Cancer Act, die Vergabe von 1,6 Milliarden Dollar an Forschungsgeldern für die nächsten 3 Jahre und das Versprechen, innerhalb von 5 Jahren ein Heilmittel gegen den Krebs zu finden. Nixons Optimismus kam damals nicht von ungefähr. Die Forscher verkündeten lautstark die Entdeckung der Onkogene als Ursache des Krebses. Es schien, als stünde der Sieg unmittelbar bevor.

20 Jahre später hatten die Vereinigten Staaten und ihre Partner weltweit viele weitere Millionen Dollar für die Krebsforschung aufgewendet, und Dr. Abel wollte untersuchen, inwieweit sich diese bis dahin beispiellose Investition ausgezahlt hatte. Er sah Tausende von onkologischen Artikeln durch, die in den 20 Jahren zuvor veröffentlicht worden waren, und erbat Analysen und Kommentare von Hunderten von Onkologen, um die Wirkung insbesondere von Chemotherapien bei der Behandlung von Epithelkarzinomen zu überprüfen.(1) Epithelkarzinome machen die Mehrheit aller Krebserkrankungen aus. Mit anderen Worten: Wie wirksam war die Waffe, die wir in den 20 Jahren des Krieges gegen den Krebs am häufigsten eingesetzt hatten?

Nach sorgfältiger Überprüfung lautete Dr. Abels wichtigste Erkenntnis, dass – außer bei Lungenkrebs, insbesondere kleinzelligem Lungenkrebs – nicht direkt nachgewiesen werden konnte, dass eine Chemotherapie bei Patienten mit Krebs im fortgeschrittenen Stadium die Überlebenszeit verlängert.(2) Abel schrieb weiter, dass selbst bei Lungenkrebs der Nutzen einer Chemotherapie »im besten Fall relativ gering« ist.(3)

Später stellte er fest:

»Die Erfolgsrate der meisten Chemotherapien ist erschreckend … es findet sich keinerlei wissenschaftlicher Nachweis für ihre Fähigkeit, das Leben von Patienten mit den häufigsten Krebserkrankungen der Organe nennenswert zu verlängern … Die Chemotherapie für maligne Erkrankungen, die für eine operative Behandlung zu weit fortgeschritten sind, was auf 80 Prozent aller Krebsleiden zutrifft, ist wissenschaftliches Ödland.«(4)

Chemotherapie bei Krebs im Frühstadium?

Natürlich warfen diese Ergebnisse sehr viele Fragen auf. Die erste: Wenn die Chemotherapie Patienten mit fortgeschrittenem Krebs keinen echten Nutzen bringt, wie sieht es dann bei denen mit Krebs im Frühstadium aus?

Doch auch hier blieben die Ergebnisse verheerend. Sie widerlegten eindeutig die Auffassung, die Chemotherapie sei eine wirksame Waffe und die Wissenschaft im Begriff, den Kampf gegen den Krebs zu gewinnen. Die Resultate jahrzehntelanger Spitzenforschung machten deutlich, dass die Wissenschaft nur siegreich dasteht, wenn nicht gemessen wird, ob ein Mensch tatsächlich überlebt, ganz zu schweigen von dem Elend, das ein Patient bei einer Chemotherapie im Normalfall ertragen muss.

Im Wesentlichen zeigte Abels Literaturübersicht, dass – mit Ausnahme einiger der weniger häufigen Krebsarten – die moderne zytotoxische Therapie weder die Lebensdauer des Patienten nennenswert verlängert noch seine Lebensqualität verbessert. Bei hoher Dosierung kann sie die Größe von Tumoren verringern und tut das auch, aber der Nutzen für den Patienten ist fraglich.

Das Problem: Die Bewertung der Erfolgsrate von Krebstherapien

Wie zu erwarten wehrte sich das onkologische Establishment gegen Abels Schlussfolgerungen und griff ihn sogar persönlich an. Dadurch machte es einen wichtigen Punkt allerdings sehr klar: Forscher messen den Erfolg einer Chemotherapie häufig daran, ob ein Tumor schrumpft oder nicht, und wenn ja, um wie viel – nicht daran, ob die Therapie die Überlebenszeit des Patienten verlängert.

Das Problem besteht darin, dass das Schrumpfen des Tumors nicht notwendigerweise zu einer Verbesserung im Krankheitsverlauf führt. So ist beispielsweise hinreichend bekannt, dass bei Prostatakrebs der Einsatz einer Anti-Androgen-Therapie (Hormontherapie) testosteronunabhängige Krebszellen (das heißt solche, die für ihr Wachstum kein Testosteron benötigen) rasch selektioniert. Folglich schrumpft unter der Gabe von Anti-Testosteron-Medikamenten der Tumor zunächst, und möglicherweise wird dieses anfängliche Schrumpfen in einer Studie gemessen. Allerdings »lernen« die verbleibenden Tumorzellen, auch ohne Testosteron zu wachsen, und es kommt rasch zu einem aggressiveren Wachstum als beim ursprünglichen Tumor.

Dieses anfängliche Schrumpfen unter Chemotherapie beobachten wir auch bei anderen Krebsarten. Allerdings überzeugten die Bemühungen, Abels Arbeit in Misskredit zu bringen, nicht alle Onkologen. Die Debatte tobte mehr als ein Jahrzehnt lang.

Alarmierend: Kaum veränderte Überlebenszeit durch Chemotherapie bei drastisch verringerter Lebensqualität

Dann evaluierte im Jahr 2004 eine von unabhängigen Geldgebern unterstützte Literaturübersicht über randomisierte klinische Studien die Wirksamkeit der Chemotherapie im 5-Jahres-Überlebenszeitraum für 22 häufig auftretende maligne Erkrankungen bei australischen und amerikanischen Patienten.(5) Ergebnis?

»Der Gesamtbeitrag der kurativen und unterstützenden zytotoxischen Chemotherapie zum 5-Jahres-Überleben bei Erwachsenen wurde auf 2,3 Prozent in Australien und 2,1 Prozent in den USA geschätzt.«

Anders formuliert: Er bewirkte fast gar nichts, und das auf Kosten einer häufig drastisch verringerten Lebensqualität.

Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass »zytotoxische Chemotherapie nur einen geringen Beitrag zum Überleben bei einer Krebserkrankung [leistet]. Um die fortgesetzte Finanzierung und Verfügbarkeit der bei einer zytotoxischen Chemotherapie eingesetzten Medikamente zu rechtfertigen, ist eine rigorose Evaluierung der Kosteneffizienz und der Auswirkungen auf die Lebensqualität dringend erforderlich.«

Erwähnenswert ist auch, dass die 2,3 Prozent und die 2,1 Prozent sich auf alle Phasen beziehen, nicht nur auf Krebs im fortgeschrittenen Stadium.

Ein hohes Investment, ein geringer Nutzen

Wie Gina Kolata, eine Gesundheitsjournalistin der New York Times, schrieb, hatte seit Beginn des Kriegs gegen den Krebs bis 2009 allein das National Cancer Institute, ohne andere staatliche Stellen, Universitäten, pharmazeutische Unternehmen und Wohltätigkeitsorganisationen, 105 Milliarden Dollar ausgegeben, und der Ertrag dieser Investition war ein Rückgang der Sterberate zwischen 1950 und 2005 um lediglich 5 Prozent. Diese stellte sie im selben Zeitraum der Todesrate für Herzerkrankungen gegenüber, die nach ihren Angaben um 64 Prozent sank, sowie der Todesrate durch Grippe und Lungenentzündung, die um 58 Prozent zurückging.

Kolata berichtete, dass lediglich 20 Prozent der Patientinnen mit metastasierendem Brustkrebs, 10 Prozent der Patienten mit metastasierendem Darmkrebs, 30 Prozent der Patienten mit metastasierendem Prostatakrebs und weniger als 10 Prozent der Lungenkrebspatienten länger als 5 Jahre überleben. Noch bemerkenswerter ist, dass sich keine dieser Zahlen in den vergangenen 40 Jahren wesentlich verändert hat.

»Und trotzdem«, so schrieb Kolata, »herrscht die Auffassung, die von der Ärzteschaft und denen, die daran verdienen, ebenso wie von der öffentlichen Meinung bestärkt wird, dass Krebs fast immer zu verhindern ist. Wenn das nicht gelingt, kann er normalerweise behandelt, ja sogar überwunden werden.«

Steigende Zahlen von Krebserkrankungen

Aber nicht nur, was die Behandlung und Überwindung von Krebs angeht, waren wir erfolglos, wir scheinen auch immer weniger imstande, ihn zu verhindern.

2018 stellte Sylvie Beljanski in einem Artikel für Newsweek fest, dass Ende des 20. Jahrhunderts bei etwa einer von zwanzig Personen Krebs diagnostiziert wurde. In den 40er-Jahren des 20. Jahrhunderts war es jeder Sechzehnte, in den 70ern jeder Zehnte. Heute wird jeder Dritte im Laufe seines Lebens an Krebs erkranken.(6)

Geht es um Heilung, oder vielleicht doch um Macht und Geld?

Mit diesen Zahlen jonglieren immer gern diejenigen, die uns weismachen wollen, dass wir den Kampf gegen den Krebs gewinnen. Hinter dieser Behauptung verbergen sich schließlich handfeste Interessen. Milliarden von Dollar an Forschungsgeldern, Pharmazeutika und Biotechnologie, ganz zu schweigen von beruflichen Karrieren und Reputationen, sowie das hohe Ansehen mächtiger öffentlicher und privater Institutionen sind untrennbar verbunden mit dem Märchen, ein Heilmittel sei unmittelbar in Reichweite, wir müssten nur auf Kurs bleiben.

Wenn wir an die 4,8 Milliarden Dollar denken, die die American Cancer Society seit 1946 in die Forschung investiert hat, und daran, wie sie lautstark einen Rückgang der Mortalität von 2002 auf 2003 und den zweiten Mortalitätsrückgang in Folge von 2003 auf 2004 verkündete, so klingt das vielversprechend und hoffnungsvoll.(7) Wir wollen daran glauben. Bis uns klar wird, dass der Mortalitätsrückgang von 2002 auf 2003 gerade einmal 369 Menschen umfasst.(8) Auch wenn von 2003 auf 2004 der Rückgang mit 3.014 Fällen ausgeprägter war, muss dies im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Für den einzelnen Überlebenden ist es natürlich eine überwältigende Angelegenheit. Aber kann irgendjemand angesichts der 553.888 Menschen, die das Jahr 2004 nicht überlebten, oder der anderen 556.902, die das Jahr 2003 nicht überlebten, ehrlich behaupten, das Blatt habe sich gewendet?(9)

Im Jahr 2004 schrieb Clifton Leaf, der den Krebs besiegt hatte, für die Zeitschrift Fortune eine Titelgeschichte: »Warum wir den Krieg gegen den Krebs verlieren (und wie er zu gewinnen wäre)«, in der er erklärte, dass die – ohnehin bescheidenen – Siege in diesem Krieg mit Veränderungen der Lebensweise zu tun haben, die sich auf die allgemeine Gesundheit auswirken, insbesondere das zunehmende Bewusstsein hinsichtlich des Rauchens.

»Nur ein geringer Teil dieser bescheidenen Fortschritte ist auf vielversprechende, neue Substanzen zurückzuführen, die von den NCI-Laboren oder den großen Krebsforschungszentren entdeckt wurden – an die praktisch alle öffentlichen Gelder gehen.«

Leaf beschrieb seine Interviews mit Forschern, Ärzten, Epidemiologen, Pharmakologen, Biologen und Genetikern in Pharmaunternehmen und wichtigen Forschungszentren im ganzen Land, ebenso wie mit Beamten in der Food and Drug Administration (FDA), dem National Cancer Institute (NCI) und den National Institutes of Health (NIH), die für ihn kollektiv das Inbild einer »dysfunktionalen ›Krebskultur‹ darstellen – mit einem Gruppendenken, das Zehntausende von Ärzten und Wissenschaftlern dazu drängt, sich auf minimale Verbesserungen in der Behandlung statt auf echte Durchbrüche zu konzentrieren, das ein überflüssiges Nebeneinander einzelner Problemlösungen fördert statt Kooperation und in erster Linie akademische Leistungen und Veröffentlichungen honoriert.

In jeder einzelnen Phase zwischen Grundlagenforschung und Patientenbett verlassen sich die Wissenschaftler auf Modelle, deren Vorhersagen hinsichtlich des zu erwartenden Erfolges durchweg miserabel sind – bis zu einem Punkt, an dem der Einsatz Hunderter von Krebsmedikamenten durchgedrückt wird. Und viele davon werden von der FDA zugelassen, selbst wenn ihre nachgewiesene ›Wirksamkeit‹ wenig mit der Heilung von Krebs zu tun hat.«(10)

Ich halte Leafs Bemerkungen für richtig, aber ich würde noch weiter gehen. Ich bin überzeugt, die Gründe dafür, dass wir den Krieg gegen den Krebs nicht gewinnen, gehen weit hinaus über den Zwang, um jeden Preis wissenschaftliche Artikel zu publizieren, über eine dysfunktionale Krebskultur, den Einfluss der großen Pharmaunternehmen oder die Tatsache, dass Tausende von Menschen für ihren Lebensunterhalt auf das derzeitige Modell setzen, obwohl ich durchaus glaube, dass dies alles eine Rolle spielt. Ich bin der Meinung, sie gehen weit über die Behauptung hinaus, Krebs sei ein bösartiges Problem, ein heimtückischer Feind, dessen Überwindung ein langwieriges, langsames, mühsames Projekt ist (bei dem jedoch die Wunder der Wissenschaft und unserer modernen Methoden bald siegen werden).

Das große Missverständnis

Ich glaube, wir werden auf dem Weg, den wir bisher eingeschlagen haben, den Krieg gegen den Krebs nie gewinnen, weil dieser Weg auf einem grundsätzlichen Missverständnis hinsichtlich der Natur des Lebens, und damit der Natur von Krebs, beruht. Auf diesem grundsätzlichen Missverständnis haben wir eine milliardenschwere Industrie aufgebaut. Dass wir damit bei der Heilung von Krebs und der Rettung von Leben scheitern, ist lediglich die logische Folge.

Es gibt den alten Witz von dem Polizisten, der beobachtet, wie ein Mann unter einer Straßenlaterne nervös nach einem offenbar wichtigen Gegenstand sucht. Er fragt den Mann, wonach er suche, und der antwortet hastig: »Meine Schlüssel« und sucht verzweifelt weiter. Der Polizist hilft ihm ein paar Minuten bei der Suche und fragt dann: »Wo glauben Sie denn, dass Sie sie verloren haben?« Der Mann antwortet: »In dem Gebüsch da drüben« und zeigt auf die Hecke ein paar Meter weiter. Der Polizist fragt: »Und wieso suchen Sie dann hier?«, worauf der Mann antwortet: »Weil hier das Licht besser ist.«

Wer Krebs verstehen möchte, muss nicht nur lernen was Krankheit, sondern auch was Leben ist.

Ich kenne viele Mainstream-Wissenschaftler, Forscher und Ärzte, die energisch gegen diejenigen protestieren, die nicht mehr dort suchen wollen, wo das Licht besser ist. Aber ist es denn ein Wunder, dass die Öffentlichkeit sich immer mehr alternativen Vorstellungen und Ansätzen zuwendet, wenn so viele Leben auf dem Spiel stehen und wir an der Stelle mit dem hellen Licht so grandios gescheitert sind? Lohnt es sich denn nicht, darüber nachzudenken, ob wir an der falschen Stelle suchen?

Und wenn das der Fall ist – und ich bin natürlich der festen Überzeugung, dass dem so ist –, müssen wir nicht nur zu den Forschungen zurückkehren, die im Gange waren, als Nixon seinen Krieg erklärte, sondern zu einem wirklichen Verständnis dessen, was Krebs – und Leben – ist.

Dies ist ein Auszug von dem Buch Krebs und die neue Biologie des Wassers von Thomas Cowen.

Autor: Dr. Thomas Cowen
Quelle: naturstoff-medizin.de
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