Angst und ihre Überwindung

Reale Angst

Die reale Angst ist die Folge einer tatsächlichen Gefahr. Diese gilt es zu erkennen, um ihr dann ganz konkret aus dem Weg gehen zu können. Die reale Gefahr ist tatsächlich und wirklich, und sie ist die Gefahr, mit der wir umgehen müssen. Ich weiche aus, fliehe oder kämpfe! Die Angst, die aus dieser realen Gefahr erwächst, ist ursächlich, natürlich und Bestandteil jedes Lebens.

  • Unsere menschliche Strategie ist, der Angst auszuweichen, sie zu hintergehen, sie wegzuschieben, sie zu verdrängen.
  • Angst ist ein Warnsignal, ein Impuls, ein Gefahrenanzeiger, der in sich die Aufforderung enthält, die Ursache der Angst zu überwinden, indem ich ihr ausweiche oder mich ihr stelle.
  • Das Angstsignal setzt immer dort ein, wo ich einer Situation nicht gewachsen bin. Jeder Entwicklungsschritt, jeder neue Lebensabschnitt, alles Neue, Unbekannte, alles Fremde ist mit Angst besetzt.
  • Stress ist Angst.

Angst ist immer eine individuelle, persönlich Angst, die aus mir selbst kommt und von mir nach außen geht.
 

Irreale Angst

Irrationale Angst ist die Krankheit des westlichen, zivilisierten Menschen. Sie ist wie ein Virus der sich einschleicht, sie ist ein Bestandteil, der nicht zum Leben gehört. Irrationale Angst ist ein Fremdkörper. Sie ist etwas, das ich aufdecken, bloßlegen, besiegen muss.

Irreale Angst ist nicht wirklich, sie ist eingebildet, gründet auf Illusionen und wird fälschlicherweise als real erlebt. Der Körper reagiert auf diese falschen Signale, als wären sie echte Signale. Der Körper wird in Aufruhr versetzt und zu Gegenmaßnahmen gezwungen für etwas, das es überhaupt nicht gibt.

Mit dem Prozess des Selbst-Werdens, des Erwachsen-Werden geht die Angst einher. Viele Menschen, die keine Verantwortung übernehmen wollen, werden alt, aber nicht erwachsen. Entwickle ich mich zum reifen, selbstständigen Menschen, muss ich mich von Gruppen-Identitäten entfernen und lösen. Ich muss zwingend ICH SELBST werden.

Die Angst, die als Herausfallen aus der Geborgenheit erlebt wird, wurde ja in den ersten Erdenminuten tatsächlich erlebt. Und nicht nur die Angst davor: Es geschah tatsächlich! Jeder von uns fiel heraus, musste herausfallen aus dem Mutterleib, aus der Glückseligkeit, aus dem beglückenden kosmischen Bewusstsein, sonst wäre er nicht hier.

Gegen diese Angst nun entwickeln wir ausgefeilte Strategien. Man kann sie scheinbar überwinden, indem man sich zum Beispiel an einen Partner klammert. Am besten ist es, ich mache mir diesen Partner abhängig. Jede Lockerung dieser Abhängigkeit bedeutet nun alleingelassen werden, verlassen werden, bedeutet Verzweiflung und Traurigkeit.

Diese Angst, die man oft „grundlos” nennt, ist immer Verlustangst, eine Form von Depression. Der Verlust muss nicht ein Mensch sein; es können Erinnerungen an vergangene Zeiten sein, an Plätze, an Orte, an eine Wohnung die man besonders liebte, und vieles mehr.

Ein wesentlicher Grundzug, der dieser Angst folgt, ist das Hinnehmen, ist mangelndes Durchsetzungsvermögen, ist Nachgeben. Wer sich weigert, voll und verantwortlich erwachsen zu werden, wird zum Objekt anderer oder des Lebens allgemein. Wer die Verantwortung erwachsen zu werden nicht übernimmt, schafft dadurch eine Bereitschaft sich schuldig zu fühlen. Schuldig sein und minderwertig sein erzeugen wiederum Angst vor dem Leben – ein Teufelskreis.

Nach außen hin kann dies alles in einem positiven Kleid erscheinen: Mitleid zeigen, Verständnisbereitschaft, Einfühlungsvermögen, – Tugenden, die so mancher mit Stolz vor sich herträgt. Moralische Überlegenheit ist jedoch oft das Trostpflaster für ein versäumtes Leben!
 

Irreal: Angst vor mitmenschlicher Nähe

Es ist dies die Angst, mein eigenes „Ich” zu verlieren, abhängig zu werden, Opfer von anderen Menschen zu werden, mich so sehr anpassen zu müssen, dass meine eigene Person dabei verloren geht. Meine Grundhaltung ist dabei kühl, unpersönlich, distanziert. Ich kann nicht vertrauen. Nicht den Mitmenschen, nicht dem Leben. Manchmal nicht einmal mir selbst.

Meine Gefühle erscheinen trügerisch und gefährlich und deshalb geht der Verstand und das rationale Handeln über alles. Isolation macht feindlich. Durch Isolation wird Kontakt verloren. Ohne Wechselbeziehung mit der Umwelt geht die Orientierung verloren. Ohne Orientierung an meinen Mitmenschen entstehen Zweifel, ob die Wirklichkeit, die ich erlebe, die wirkliche Wirklichkeit ist. Gibt es vielleicht zwei Wirklichkeiten? Die Wirklichkeit „da draußen” und eine eigene, selbstgeschaffene, innere Realität? Je stärker die Isolation, desto stärker die Angst – ein Teufelskreis.
 

Irreal: Die Angst vor der Vergänglichkeit

Etwas, was ich besitze, könnte plötzlich nicht mehr da sein, etwas das ich denke und glaube, könnte sich plötzlich als falsch erweisen. Ändere ich eine Verhaltensweise, dann war die vorige falsch. Das kann nicht sein und wird nicht sein!

Ich bin geboren worden und habe mich in der folgenden Zeit häuslich eingerichtet. Beziehungen wurden aufgebaut und ein, – wie auch immer geartetes -, Lebens-Gleichgewicht geschaffen; das soll und muss so bleiben! Mein Dasein auf diesem Planeten ist so eingerichtet, als ob es ewig weiterginge, als ob die Zukunft voraussehbar sein, als ob ich mit irgendetwas rechnen könnte, das bleibend wäre.

Hinter jeder erstarrten, leblosen Lebensregel, sei sie religiös, politisch oder sonst wie motiviert, steht die Angst vor der Veränderung, die Angst vor der Vergänglichkeit, letztlich die Angst vor dem Tod. Kontrolle ausüben, „alles unter Kontrolle haben”, ist ein Ausdruck dieser Angstform. Alles wissen wollen und alles meinen zu wissen ist ein Kontrollmechanismus gegen die Angst, der vollkommen aussichtslos ist. Er verbraucht enorme Energie, die dann nicht mehr zur Verfügung steht.
 

Irreal: Die Angst vor dem Endgültigen, dem Unausweichlichen

Diese Angst, die Freiheit zu verlieren und eingeengt zu werden, stellt alle Regeln, Gesetze und Gewohnheiten in Frage. Alles was festgefügt ist, was festzuhalten droht, was einengt und begrenzt erscheint ist gefährlich und bedrohlich.

Es ist die Angst vor Erstarrung, vor der Endgültigkeit. Ständige Veränderung ist angesagt, alles Neue wird bejaht, Risiko wird eingegangen und die ungewisse Zukunft ist die große Chance. Nichts ist verbindlich, was mit meiner Person zu tun hat, nichts ist für mich verpflichtend. Die Glaubenssätze: „Einmal ist keinmal“, „Alles ist relativ“, „Genieße das Leben“, „Nutze die Gelegenheit“, „Es lebe der Augenblick und das Abenteuer“, „Neue Reize braucht der Mensch!“.

Die tatsächliche biologische Welt passt natürlich in keiner Weise in dieses System, – darum darf man in diesem Angstsystem, das stets „immerfröhlich“ daherkommt, die Realität nicht zur Kenntnis nehmen. Die Welt der Tatsachen ist unerfreulich, sie ist zu ignorieren, zu verbiegen, umzudeuten oder nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Diese Angstform sucht sich besondere Schlupflöcher, um verdeckt ans Tageslicht zu kommen: Platzangst in Räumen oder Fahrstühlen, Tierängste aller Art, Höhenangst, Brückenangst und viele gänzlich irreale Ängste mehr. Hier findet die große Angstverschiebung statt, hin zu völlig harmlosen Dingen wie Bakterien, Spinnen oder zur grässlichen Maus.

Angst

  • erzeugt Energie, ist Energie, die sich nicht vernichten lässt.
  • ist ein Synonym für den Gott der Religionen.
  • macht verschlossen und hart.
  • vor mir selbst spiegelt sich in Angst vor anderen Menschen.
  • ist die Abwesenheit von Liebe, ist die Gegenseite der Liebe – nicht Mut ist das Gegenteil von Angst, sondern Liebe. Mut hat als treibende Kraft die Angst. Deshalb: Angst muss ich in Liebe umformen, um mich von ihr zu befreien. Diese Liebe macht mich unglaublich stark und furchtlos.
  • kann ich nicht loswerden. Ich kann sie lediglich erkennen und dann umformen.
  • kann nur durch Verstehen transformiert werden.
  • kann sich in aggressive Wut (gegen andere oder gegen mich selbst) verwandeln. Dies vermindert zwar die Angst, befreit aber nicht die Energie von ihrer negativen Kraft.
  • existiert niemals im Jetzt-Moment, sie bezieht sich immer auf etwas, das in der Zukunft passieren könnte (dies ist kaum einem Menschen bewusst).
  • ist niemals ein Problem der Wirklichkeit, – wenn sie gerade passiert -, immer ein Problem der gedanklichen Vorstellung.
  • und Realität treffen niemals zusammen, da Angst Bestandteil des denkenden Verstandes ist. Dadurch wird Angst virtuell, wie alles, was dieses Verstandessegment produziert.

Alle Angst ist Angst vor dem Unbekannten. Alle Angst gründet sich auf der Grunderkenntnis meiner Endlichkeit. Jede Form der Angst kann nur überwunden werden, wenn die Angst vor dem Tod überwunden wird. Daher ist es unabdingbar, dass ich um meine kosmische Identität weiß. Erst dann werde ich fähig tatsächlich zu leben.

Angst beginnt sich umzuformen,

  • wenn ich sie verstehe.
  • wenn ich sie fühlen kann und mir dämmert, dass eigentlich Liebe mein Problem ist.
  • wenn ich beginne mich selbst zu lieben und das konditionierte „Lieben”, von anderen eingepflanzt, hintenanstelle.
  • wenn ich die Wirklichkeit sehen kann ohne den denkenden, grübelnden Verstand.
  • wenn ich die Antworten anderer nicht mehr als meine eigenen betrachte, wenn ich ihren Antworten nicht mehr nachstrebe.
  • wenn ich das Prinzip der Liebe als das Grundprinzip alles Seins erkenne.
  • wenn ich weich werde, offen und verletzlich und in Resonanz gehe zu allem was ist, auch zu den Bäumen, zu den Bergen, zu den Wasserläufen, – und zu den Menschen.
  • wenn ich alles loslasse was ich weiß und zu staunen beginne; staunen über die Wunder des Lebens auf diesem Planeten.
  • wenn ich keine Antworten mehr suche, die mir vorgaukeln, dass ich etwas wüsste.
  • wenn ich mich tief auf dieses mein materielles Leben einlasse.
  • wenn ich die All-Einheit, „das Ganze” begreife, indem ich mich hineinwerfe, indem ich darin eintauche, indem ich mein letztendliches Verschwinden darin akzeptiere.
  • wenn ich mich mit dem Tod anfreunde, auf den ich zugehe, auch wenn ich noch so jung bin.

Quellen: OSHO und Riemann, Fritz: „Grundformen der Angst

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Verantwortlich: Darya Shepeleva

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