Die Stressachse I: Körperliche Folgereaktionen eines Traumas

Ein Trauma ist eine Verletzung der Psyche, eine Wunde in meinem Geist. Die Folgen eines Traumas nennt die Medizin „“Posttraumatische Belastungsstörung“ (post, lat. ‚hinter’, ‚nach’).

Ein Trauma ist ein bleibendes Gefühl der Hilflosigkeit, ein Gefühl schutzloser Preisgabe meiner selbst, eine dauerhafte Erschütterung des Selbst- und des Weltverständnisses. Jedes Trauma löst negativen Stress aus, wobei ganz klar zu sagen ist: Stress ist immer ein Synonym für Angst, eine energetische Wunde.

Prof. Dr. William James (1842-1919), der Urvater der wissenschaftlichen Psychologie, drückte dies so aus: „Ein Erlebnisdruck kann emotional so aufregend sein, dass er beinahe so etwas wie eine Narbe in der Gehirnsubstanz hinterlässt“.

Psychische Verletzungen verändern tatsächlich neurobiologische Gehirnstrukturen und steuern und verändern damit die genetische (!) Struktur.

Das Gehirn bewertet, ob die aktuelle äußere Situation gefährlich ist. Dafür benötig es etwa ½ Sekunde. In dieser Zeit gleicht das Gehirn die Neu-Situation mit den gespeicherten Alt-Situationen ab und bewertet an Hand der Speichererfahrung die Neu-Situation. Erfolgt Alarm, also die Bewertung „gefährlich“, dann wird das als innerer psychischer Angst-Schmerz erlebt, – eine Angst-Attacke, die oft in einen körperlichen Schmerz mündet.

Unendlich wichtig zu wissen: Den Alarm wird nicht durch die akute, tatsächliche Situation ausgelöst, sondern vom Speicher mit seiner Erfahrung. Die Tatsachen, wie sie damals tatsächlich waren, brauchen überhaupt nicht mehr vorhanden zu sein, die Beteiligten können sogar bereits verstorben sein.

Noch einmal das Dramatische an der Sache: Das akute Schmerzerleben bezieht sich bei einem Wiederholungstrauma nicht auf einen aktuellen, realen Schmerz; das alte Trauma wurde reaktiviert und übernimmt das Kommando über die Realität.

Dies geschieht meist im Mandelkern, der Amygdala im Gehirn, denn diese ist spezialisiert auf die Speicherung unangenehmer und gefährlicher Vorerfahrungen. Prof. Dr. Bauer schreibt: „Mit der Amygdala sollte man es nicht verderben: Wenn sie ‚meint’, einen Alarmzustand zu erkennen, alarmiert sie die Notfallzentren des Gehirns (Hypothalamus und Hirnstamm) und ist auf diese Weise in der Lage, den gesamten Körper mitsamt Kreislauf, Herzschlag etc. ‚verrückt’ zu machen.

Es wird eine so genannte Stressachse aktiviert, welche Substanzen ausschüttet, damit entweder Kampf oder Flucht optimal gelingt. Könnte ich flüchten oder würde ich kämpfen, dann gäbe es keinen Stress.

Stress bedeutet,

  • dass ich nicht handeln kann.
  • dass ich keine der beiden vorgesehenen Reaktionen ausführen kann.
  • dass ich mich „zusammenreiße“.

Damit sitze ich in der Falle.

Jedes dazukommende Trauma-Erlebnis erhöht zudem die Gesamt-Empfindlichkeit der Amygdala gegenüber neuen Erfahrungen. Das heißt, immer mehr ungefährliche Neu-Erfahrungen werden in der Skala (der irrealen Einschätzung) immer „gefährlicher“, wenn sie eine Alarmsituation aktivieren.

Besonders problematisch wird es, wenn eine Alarmsituation nicht abklingt, sondern sich als dauerhaft etabliert. In einer PET-Untersuchung, in welcher man den Energieverbrauch einzelner Hirnregionen sehen kann, wird dann eine dauerhafte Über-Aktivierung der Amygdala sichtbar.

Dies hat zur Folge:

  • Eine dauerhafte Aktivierung des zentralen Stressgens CRH. Die bedeutet dauerhafte zu hohe Ausschüttungen von Cortisol in den Nebennieren.
  • Dauerhafte Erhöhung des Noradrenalin-Spiegels, was das Herz-Kreislaufsystem angreift und zu Herzerkrankungen führt.
  • Eine dauerhafte Beeinträchtigung der Schlafkonzentration.

Die „Stressachse“:

  1. Der Hypothalamus gibt Befehl, CRH (Corticotropin-Releasing-Hormon) herzustellen und auszuschütten.
  2. Dadurch stellt die Hypophyse ACTH her (Adressocor Ticotropes Hormon) und schüttet dies aus.
  3. Dadurch stellen die Nebennieren Cortisol her und schütten es aus.

Stress in allen seinen Formen – bis hin zum Nerven-Zusammenbruch, bis hin zur Depression, – aktivieren im Hypothalamus CRH und erhöhen dadurch in den Nebennieren die Cortisol-Ausschüttung.

Eine Daueraktivierung dieser Stressachse bremst das Immunsystem mit der Folge ständiger Infektionen, Tumorzellenvermehrung und allgemeiner Schwäche bis hin zum Chronischen Müdigkeitssyndrom (CSF) und all den bekannten entzündlich-degenerativen Erkrankungen.

Quelle: Bauer, Joachim: „Das Gedächtnis des Körpers“, Piper

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Verantwortlich: Darya Shepeleva

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