Mein inneres Haus

Eine uralte Meditation aus den Upanishaden:

Ich mache mir ein inneres Bild von meinem Körper als einem Haus. Ich verlasse die Außenfläche, öffnen mich und gehe nach innen:

Ich betrete zuerst das Treppenhaus, das voll hängt mit Post, alle mit „liebe Bewohner“ adressiert. Alle wollen etwas von mir, alle wollen, den Schreiben nach, mir etwas Gutes tun. Ich bekomme jeden Tag einen ganzen Sack voller Angebote.

Ich muss die Botschaften unterscheiden – in tatsächliche, für mich positive Lebensbotschaften und in wertlose Reklamesendungen. Wie mache ich die Unterscheidungen? Ich aktiviere meinen inneren Mitbewohner, meinen Sortierer, meinen scharfen analytischen Verstand. Diesem Verstand habe ich einen Arbeitsvertrag auf Lebenszeit gegeben. Er kann keinen Tag Pause machen, denn durch ihn bestimme ich selbst, was gut und was richtig für mich ist.

Wenn ich mein Treppenhaus verlasse, komme ich in das Esszimmer und finde fünf gierige Mitbewohner, – meine Sinne. Sie schlingen ohne Unterbrechung in sich hinein, was sich ihnen nähert und greifbar ist. Sie sind auf dauerndes Einverleiben konditioniert.

Im Wohnzimmer sitzen ihre Brüder, die dazugehörigen Aktions-Organe, die umsetzen, was die Sinne wollen:

  • Ich will essen, essen, essen …
  • ich will Tolles sehen, sehen, sehen …
  • ich will Musik hören bis zum Umfallen …
  • ich will tastend fühlen, greifen, umgreifen, haben …
  • ich will nur Angenehmes riechen …

Im nächsten Zimmer sitzt ebenfalls ein gieriger Kerl. Er zählt Geld, Geld, Geld.

Im Zimmer dahinter bewegt sich einer merk-würdig: er spielt ‚heilig sein‘, ‚gütig sein‘, ‚besitzlos sein‘, ‚allwissend sein‘. Er ist gierig nach Anerkennung und verdeckter Macht über andere.

Das nächste Zimmer hat überhaupt keine Möbel. Es rennt da nur einer herum, mit zornrotem Kopf; er schreit, dass er die ganze Welt hasst, weil alle Menschen so schlecht sind.

Im nächsten Zimmer sitzen lauter Phantasiegestalten, in allen schrillen Formen und Farben. Sie singen und tanzen: Sie erschaffen mir meine Welt, wie ich sie gerne hätte: Alles soll so sein wie ich will; alles soll so aussehen wie ich es will; alles tanzt nach meiner Pfeife.

Hier endet normalerweise meine innere Wohnung. Daraus bestehe ich. Je nach Konditionierung bin ich mehr oder ausgeprägter der eine Bewohner als der andere; Anteile habe ich von allen.

Irgendwann in meinem Leben kommt mir die Vorstellung, erreicht mich die Ahnung, dass da in meinem Haus noch ein Stockwerk sein müsse, von dem ich bis heute nichts weiß und ich gehe auf die Suche. Ich taste meinen kompletten Innenraum ab, um den Zugang zu diesem vermuteten Stockwerk zu finden.

Siehe da, ich finde in der Wand einen dünnen Spalt, durch den ich hindurchblicken kann. Ich öffne eine verborgene Tür. Dahinter ist eine dunkle Treppe, die nach unten, in einen Keller führt: „Betreten verboten“, steht da ein großes Schild.

Ich trete mit großem Mut ein, in diesen meinen eigenen Raum, der mir verbotenen sein soll. Er ist riesengroß. Er umfasst die ganze Hausfläche. Mein Gott, – wo bin ich?

Ich bin im Fundament des Hauses, dort wo meine Gedanken entstehen, meine Wünsche entstehen. Ich bin im Steuerungsraum meines Handelns.

Dieser Keller ist ein riesengroßes Kraftwerk. Turbinen laufen, Energie wird hergestellt, dicke Kabelstränge gehen nach oben in die Zimmer. All diese Energieerzeuger sind meine Wünsche, meine Vorstellungen, meine Planungen, meine Bewertungen, die mit meinen Sinnes- und Aktionsorganen verkabelt sind und diese speisen.

Ich erkenne: Es gibt Energieerzeuger für meine guten Wünsche, die mich weiterbringen und für andere Wünsche, die zerstören. Es sind dies meine egoistischen Wünsche: Vergnügen, Gewinn, Ansehen, Macht und immer im Vorteil sein. Es sind alle Formen der Gier, und sei sie noch so hinter „Gutsein“ versteckt.

Alles pulsiert ohne Überwachung, – ich habe keinen Maschinisten eingestellt, nicht dass ich wüsste. Es muss aber eine Steuerung, einen Antrieb geben! Da!

Ich komme in einen weiteren Raum, in welchem ein Großcomputer steht, ein Erinnerungscomputer. Niemand scheint dieses System zu bedienen, das unglaubliche Energie an sich bindet und wieder freisetzt. Der Computer speichert Erinnerungen, jeden gehabten Gedanken, jede gehabte emotionale Bewegung seit der Gehirnentstehung im Mutterleib. Er aktiviert die Energiemuster als spezifische Programme an meinen Geist und gibt sie an meine Sinne weiter.

Meine panische Frage: Wo ist der innere Hausherr?!

Ich gehe eine seitliche Treppe hoch und komme in einen feinen Salon. Hier steht er, der Hausherr. Er hat herablassend grinsend ein Glas Whisky in der Hand und sagt etwas empört: „Oh, Du hast mich gefunden, das ist nicht vorgesehen.“ Tadelnd schüttelt er leicht den Kopf.

„Wie heißt Du?“, frage ich atemlos.

„Mein Name ist Ego“, kommt die Antwort.

„Warum“, frage ich ihn, „lässt Du Dein Haus über Dir durch Deine Mitbewohner so verkommen?“. Das sind doch entsetzliche Zeitgenossen! Mit der Zeit verrottet doch dieses alles!“

Das Ego antwortet hochmütig: „Ich bin tolerant, ein Mensch von Welt, ich bin großzügig und achte darauf, dass die Fassade dieses Hauses immer in bestem Zustand ist. Meine Mieter gehen mich nichts an, ich mische mich nicht in ihre Angelegenheiten.“

Ich schaue mich um im Zimmer dieses Heuchlers und höre durch die Wand leise Musik. „Ist da noch jemand“, frage ich?
Ego antwortet: „Nein, da ist niemand mehr.“

Ich klopfe an die Wand und die Musik verstummt. „Ego, hast Du jemanden eingesperrt?“, frage ich.

„Nicht der Rede wert“, antwortet Ego, es ist nur einer, der nicht richtig tickt; er nennt sich Atman.“

Mir wird schwindelig, ich muss mich festhalten: Ego hat Atman eingesperrt. Das Egoisten-Ich hat sein Selbst, seine Seele eingesperrt.

Hier, am Ende dieser Geschichte aus den Upanischaden, kann nun meine eigene Geschichte beginnen, indem ich Ego zur Seite schiebe und die verborgene Tür zu Atman finde. Ich befreie mein Selbst, meine verschüttete, vom Wahn des Egos eingesperrte Seele. Ich finde mich selbst, wie ich tatsächlich bin.

Ich säubere langsam aber sicher alle Räume meines Hauses und jage die ungebetenen Gäste hinaus.

12 tragenden Säulen stützen mich:

  • Dankbarkeit
  • Vertrauen in die Existenz
  • Freundlichkeit und Güte
  • Liebe (als grundsätzliches Wohlwollen allem Lebendigen gegenüber)
  • Mitgefühl
  • Gelassenheit und Gleichmut
  • Geduld und Beharrlichkeit
  • Furchtlosigkeit und Angstfreiheit
  • Freiheit von Zweifel, inneres Wissen
  • Erkennen von Schönheit
  • Frei von Abhängigkeit, Mut, Kraft und Anstrengung
  • Innere Stille, innere Ruhe

Einmal am Tag gehe ich in Resonanz zu Buddha, mit seiner Beschwörung an die eigene Kraft und den eigenen Mut:

„Mögen wahrlich
eher Muskeln, Haut und Sehen,
mitsamt den Knochen, dem Fleisch und dem Blute
austrocknen und zusammenschnurren,
als dass ich meine Willenskraft aufgebe
bevor nicht erreicht ist,
was mit Mut, Kraft und Anstrengung
zu erreichen ist.“

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